
Neuapostolische Kirche
Westdeutschland
Indien/Dortmund. Von 1993 bis 2013 betreute die Gebietskirche Nordrhein-Westfalen die neuapostolischen Christen in einigen Provinzen Indiens. Nun hat die Neuapostolische Kirche Kanada die Verantwortung für diese Gebiete übernommen. In den Jahren reisten Seelsorger aus Nordrhein-Westfalen viele Dutzend Male auf den indischen Subkontinent. Ein Rückblick auf 20 Jahre Aufbauarbeit in Indien.
Im Februar 1993 übertrug der damalige Stammapostel Richard Fehr der Gebietskirche Nordrhein-Westfalen die Verantwortung für den Aufbau von Gemeinden in einigen indischen Unionsstaaten und Territorien. Im Einzelnen waren dies die Unionsstaaten Assam, Himachal Pradesh, Jammu und Kashmir, Manipur, Meghalaya, Nagaland, Punjab, Rajasthan, Sikkim und Tripura sowie die Unionsterritorien Arunachal Pradesh und Mizoram.
Die Anfänge in 1993
Apostel Klaus-Dieter König reiste im April 1993 als erster Apostel aus Nordrhein-Westfalen nach Indien. In dieser Zeit besuchte auch Stammapostel Fehr erstmals Indien und diente am Karfreitag, 9. April 1993, in einem Hotel in Hyderabad 950 Gottesdienstteilnehmern sowie am Ostersonntag in Delhi, wo sich etwa 1.600 neuapostolische Christen und Gäste versammelt hatten. Apostel König nahm ebenfalls an diesem Gottesdienst in Delhi teil und führte aufgrund der anstehenden Übernahme der Gebiete viele Gespräche mit den vormals zuständigen Aposteln und Brüdern. Danach reiste Apostel König zusammen mit Apostel Sahae aus Delhi nach Rajasthan.
Ab April 1993 reisten Apostel Hermann Magney und Apostel Klaus-Dieter König regelmäßig nach Indien. Im Oktober 1993 besuchte erstmals Bezirksapostel Horst Ehlebracht den Bundesstaat Rajasthan. Am 23. Oktober hielt er in der Kirche in Abu Road einen Gottesdienst für Bezirksämter und deren Frauen. Am Tag darauf ordinierte der Bezirksapostel in einem weiteren Gottesdienst in Abu Road drei Bezirksevangelisten, vier Hirten und fünfundzwanzig Evangelisten.
Einweihung eines Kindergartens
Am 25. Oktober weihte der Bezirksapostel einen ersten Vorschulkindergarten in Kherwara ein. In Indien sind Privatschulen kostenpflichtig, weshalb der kostenfreie Vorschulkindergarten eine Ausnahme bildet und der Neuapostolischen Kirche damit besonderes Ansehen brachte. So konnten auch Kinder ärmerer Familien eine solche Einrichtung besuchen.
An diesem Tag hatten sich 50 Kinder in einheitlicher Schulkleidung in Begleitung ihrer Eltern eingefunden. Ebenfalls waren Vertreter der Regierung und Schulbehörde zugegen. Zu Beginn der Feierstunde setzte starker Regen ein. Die zum Festakt versammelten Besucher eilten in die Halle eines angrenzenden Gebäudes. Die Menschen in Indien werten es traditionell als gutes Zeichen, wenn ein Gast Regen mitbringt. So wurde die Unterbrechung ohne Missfallen hingenommen. In seiner Ansprache stellte Bezirksapostel Ehlebracht den hohen Wert des Elternhauses, des Schulhauses und des Gotteshauses besonders heraus.
Ein neuer Apostel
Die Apostel König und Magney bereisten nun regelmäßig Indien. In Rajasthan wurden über 7.000 Gläubige versiegelt, viele Amtsträger ordiniert und die Seelsorger in Seminaren unterwiesen. Im April 1994 besuchte Bezirksältester Dewan Chowdhury zum ersten Mal Mutter Theresa in Kalkutta. Anschließend unternahm er eine erste Informationsreise nach Nordostindien, wo er einige größere Städte besuchte und Kontakte mit den Gouverneuren und Beamten knüpfte.
Im Pfingstgottesdienst am 22. Mai 1994, den Stammapostel Fehr in Dortmund (Nordrhein-Westfalen) hielt, ordinierte er Dewan Chowdhury zum Apostel für Indien. Im Juni 1994 konnten Apostel Magney und Apostel Dewan Chowdhury zum ersten Mal den Unionsstaat Himachal Pradesh im westlichen Himalaya besuchen. Hier gründeten sie am 26. Juni in der Hauptstadt Shimla eine Gemeinde, versiegelten 11 Gläubige und setzten Fazal Mashi ins Priesteramt.
Zweiter Besuch von Bezirksapostel Ehlebracht
Auch das Jahr 1995 stand im Zeichen vieler Versiegelungen, Ordinationen und Ämterseminaren. Höhepunkt des Jahres war der zweite Besuch von Bezirksapostel Ehlebracht. Allen Seelsorgern aus Rajasthan und Nordostindien diente der Bezirksapostel mit dem Wort aus Hebräer 10,11: „Und ein jeglicher Priester ist eingesetzt, dass er alle Tage Gottesdienst pflege und oftmals einerlei Opfer tue, welche nimmermehr können die Sünden abnehmen.“ Auf dem weiteren Reiseprogramm des Bezirksapostels stand der Besuch einer Dorfkirche und der inzwischen erweiterten Neuapostolischen Schule in Kherwara.
Im Dezember 1996 besuchte Bezirksapostel Ehlebracht zum dritten Mal des Bundesstaat Rajasthan. In der Hauptstadt Jaipur hielt er einen Gottesdienst im Birla-Auditorium, an dem 600 neuapostolische Christen und Gäste teilnahmen. Am Folgetag fand eine Bezirksämterversammlung in Udaipur statt. Schließlich folgte am Sonntag, 8. Dezember, ein weiterer Höhepunkt. In einem Freiluftgottesdienst in Udaipur predigte der Bezirksapostel vor 1.600 Gläubigen.
Stammapostel Fehr in Rajasthan
1997 besuchte Richard Fehr als erster Stammapostel den Bundesstaat Rajasthan. Am Donnerstag, 27. März, wurde er auf dem Flughafen in Udaipur herzlich empfangen. Sogar der Maharadscha von Udaipur war zum Willkommensgruß erschienen. Leider musste der Stammapostel den Gottesdienst, zu dem sich am Karfreitagmorgen in Udaipur 500 Amtsträger versammelt hatten, vorzeitig beenden. 2.500 Hindus hatten sich mit Stecken und Steinen bewaffnet auf den Weg gemacht, um den Gottesdienst zu stören. Sie wollten verhindern, dass – wie sie meinten – Hindus zu Christen bekehrt werden.
Nach der Feier des Heiligen Abendmahles riet die Polizei dringend, den Gottesdienst aus Sicherheitsgründen abzubrechen. Da zu befürchten war, dass auch der Gottesdienst an Ostern, an dem 7.000 neuapostolische Christen teilnehmen sollten, gestört würde, sagte der Stammapostel diesen ab. Der Vorfall zeige, so Stammapostel Fehr später, dass die Christen noch intensiver für die Apostel und Brüder beten müssten, die in gefährdeten Gebieten das Evangelium Jesu Christi unter erschwerten Bedingungen verbreiteten.
Erste Kirche in Rajasthan
Im Januar 1998 gründete Apostel Dewan Chowdhury in Dholpur, Hauptstadt des gleichnamigen Distrikts in Rajasthan, die erste Gemeinde. Er versiegelte 82 Seelen und ordinierte fünf Diakone und fünf Priester. Am 2. August 1998 weihte Apostel Chowdhury in Jaipur, Hauptstadt von Rajasthan, die erste Kirche ein.
Bezirksapostel Ehlebracht musste seinen im Januar 1999 geplanten Besuch aufgrund schwerer politischer Unruhen und religiöser Spannungen absagen. Im Februar hielt Apostel Chowdhury eine Bezirksämterversammlung in Rajasthan (Mount Abu), bei der sich ein weiterer Zwischenfall ereignete. Mit viel Aufwand konnte die Polizei fundamentalistische Hindus hindern, die Versammlung zu stören. Danach wurden der Apostel und die Bezirksämter festgenommen und verhört. Apostel Chowdhury durfte die Stadt verlassen, die Bezirksämter wurden unter Polizeischutz nach Gujarat gebracht, von wo aus sie ihre Städte und Dörfer sicher erreichen konnten.
Eine angespannte Situation
Im Jahr 2000 blieb die Lage insbesondere in Rajasthan weiter angespannt. Im September besuchte Apostel König Dhaka (Bangladesh) und hielt dort einen Ämtergottesdienst für alle Seelsorger aus den von Nordrhein-Westfalen aus betreuten Gebieten Nordostindiens.
2001 musste Bezirksapostel Ehlebracht seinen geplanten Besuch aufgrund eines schweren Erdbebens in Gujarat absagen, da dieses erhebliche Auswirkungen auf Rajasthan hatte. Im Februar 2002 reiste Apostel Christian Schwerdtfeger erstmals mit Apostel König nach Indien, um künftig dort die Arbeit zu unterstützen. In Seminaren wurde den Amtsträgern das Leitbild „Dienen und Führen“ vermittelt. In Nepal (Kathmandu) kamen die Apostel mit allen Seelsorgen aus Assam und Tripura zusammen. Im Dezember 2002 wurde ein Grundstück in Banswara (Rajasthan) für den Bau einer größeren Kirche mit einer regionalen Verwaltung gekauft.
Stammapostel Fehr ordinierte am 1. Januar 2003 in Oberhausen (Nordrhein-Westfalen) zwei Bischöfe für Rajasthan: Desmond Heppolette und Vinod Masih wurden von Apostel Chowdhury auf seiner Januarreise in Abu Road den neuapostolischen Christen vorgestellt.
Erster Besuch von Bezirksapostel Leber
Bezirksapostel Wilhelm Leber besuchte im Dezember 2003 zum ersten Mal die indischen Arbeitsbereiche. Sein erstes Reiseziel war das Grenzgebiet von Assam, Meghalaya und Tripura. In einem Ämtergottesdienst diente er 30 Amtsträgern. Weitere Reiseziele lagen in Rajasthan. In Jaipur ordinierte Bezirksapostel Leber zwei Bezirksevangelisten für Rajasthan. Am 8. Dezember weihte der Bezirksapostel einen Seminarraum in der neuen Verwaltung in Banswara ein. An diesem Weihegottesdienst nahmen 212 Amtsträger teil. Zahlreiche Ämterversammlungen und ein Besuch der Kherwara Schule rundeten das Programm ab.
Im Februar 2005 reiste Bezirksapostel Leber erneut nach Indien. Auf seiner zwölftätigen Reise diente der Bezirksapostel in vier Gottesdiensten 415 Amtsträgern und ordinierte 30 neue Seelsorger. Er weihte zwei Gebäude ein: Ein neues Gotteshaus in Old Goyeka und das Waisenheim in Banswara.
Ende August 2005 reiste Apostel König zum letzten Mal vor seinem Ruhestand nach Indien. Er weihte eine weitere Kirche in Banswara-Agoriya ein.
Stammapostel Leber in Rajasthan
Im Januar 2006 besuchte Wilhelm Leber, erstmals als Stammapostel, Rajasthan. Er hielt zwei Gottesdienste in Jaipur. Im September 2006 besuchte Bezirksapostel Brinkmann Indien. Schwerpunkt der Reise war ein Seminar für die indischen Apostel, Bischöfe und Bezirksämter. Die letzte Station der Reise war Abu Road. Dort lebte einst Apostel John Robinson, dessen Mutter 1968 in Kopenhagen versiegelt wurde. Er gründete die ersten Gemeinden in Indien. Der Todestag von Apostel Robinson fiel mit dem Wochenende des Bezirksapostelbesuches in Abu Road zusammen.
2007 reiste Bezirksapostel Brinkmann zweimal nach Indien. Viele Gottesdienste und Seminare für Amtsträger standen auf dem Programm. Zum ersten Mal hielt der Bezirksapostel einen Gottesdienst in der Wüstenstadt Jodhpur.
Zwei neue Apostel
Stammapostel Leber ordinierte am 1. Februar 2008 in Südindien (Hyderabad) die Apostel Parvez Chowdhury (für Nordostindien) und Desmond Heppolette (für Rajasthan) sowie die Bischöfe Lazrus Patel und Terence Peter Walker (beide für Rajasthan). Im Anschluss reiste Bezirksapostel Brinkmann mit den Aposteln und Bischöfen nach Rajasthan und stellt sie in zwei Gottesdienstes den neuapostolischen Christen vor.
Im März 2009 besuchte Bezirksapostel Brinkmann erneut Indien. Höhepunkt war die Einweihung der Kirche in Udaipur. Als Textwort diente Psalm 122,3: „Jerusalem ist gebaut als eine Stadt, in der man zusammenkommen soll.“
Höhepunkt des Jahres 2010 war der zweite Besuch von Stammapostel Leber in Rajasthan. Am 23. Februar hielt er einen Jugendgottesdienst in Udaipur. Er diente mit dem Wort: „Harre auf den Herrn und halte dich auf seinem Weg, so wird er dich erhöhen, dass du das Land erbest.“ (Psalm 37,34). Am nächsten Tag besuchte der Stammapostel die neuapostolische Schule in Kherwara.
Übergabe vorbereitet
Im August 2010 besuchte Bezirksapostelhelfer Devaraj (bisher zuständig für die Gebietskirche Indien unter Betreuung der Gebietskirche Kanada) zum ersten Mal Rajasthan. Diese Reise diente dazu, erste Schritte zur Übergabe der von Nordrhein-Westfalen aus betreuten indischen Gebiete an die Gebietskirche Kanada einzuleiten.
Der nächste Schritt erfolgte im Juli 2011: Bezirksapostel Brinkmann beauftragte im Auftrag von Stammapostel Leber in einem Gottesdienst für Amtsträger in Banswara Apostel Devaraj als Bezirksapostelhelfer für die von Nordrhein-Westfalen aus betreuten indischen Gebiete. Im November entlastete Stammapostel Wilhelm Leber per Brief Apostel Parvez Chowdhury aus gesundheitlichen Gründen vom Apostelamt.
Ende Oktober besuchte Apostel Dewan Chowdhury zum letzten Mal Indien. Aufgrund eines schweren Autounfalles und seiner angeschlagenen Gesundheit war er nicht mehr reisefähig. Naturkatastrophen und äußerst eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten führten zu einem Stopp der Arbeit in Nordostindien.
Besuch von Stammapostel Schneider
Am 27. Februar 2012 versetzte Stammapostel Wilhelm Leber in Hamm (Nordrhein-Westfalen) Apostel Chowdhury in den Ruhestand. Apostel Dewan Chowdhury wirkte 18 Jahre als Apostel und unternahm über 150 Reisen nach Indien.
Eine Reise von Bezirksapostel Brinkmann und weitere Reisen von Bezirksapostelhelfer David Devaraj 2012 und 2013 dienten der Stärkung der neuapostolischen Christen sowie der weiteren Vorbereitung der Übergabe Rajasthan an die Gebietskirche Kanada. Dieser Wechsel wurde im Jahr 2013 beim Besuch von Stammapostel Jean-Luc Schneider vollzogen.
Rückblick: NAK NRW in Indien
12. November 2013
Text:
Ralf Ermisch
Fotos:
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