
Neuapostolische Kirche
Westdeutschland
Dortmund. Am 21. Dezember 1891 wurde der spätere Stammapostel Walter Schmidt in Neuemühle (Kreis Altena) in Westfalen geboren. Heute wäre er 120 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass feiert Apostel Wilhelm Hoyer einen Gottesdienst in der früheren Heimatgemeinde des heimgegangenen Stammapostels in Dortmund-Südwest (Bezirk Dortmund-West).
Fast 15 Jahre diente Walter Schmidt als Stammapostel im höchsten Amt der Neuapostolischen Kirche. Nach dem Tod von Stammapostel Johann G. Bischoff am 6. Juli 1960 war er in der Apostelversammlung vom 7. Juli 1960 in Frankfurt am Main einstimmig zum Kirchenoberhaupt gewählt worden. 1975 trat er im Alter von 83 Jahren in den Ruhestand. Sechs Jahre später verstarb er.
Kaufmännische Lehre
Zwei Jahre nach der Geburt von Walter Schmidt starb sein Vater. Seine Mutter, Witwe mit fünf Kindern, lernte 1897 die Neuapostolische Kirche kennen. Ein Jahr später wurde die Familie von Apostel Hermann Niehaus versiegelt. Walter Schmidt war damals sieben Jahre alt. Daraufhin verlor die Mutter Arbeitsstelle in einer Schule und die dazugehörige Wohnung. Wochenlang wohnte die Familie bei Nachbarn, bis sie in Lüdenscheid eine neue Bleibe fand.
Am 15. April 1906 empfing Walter Schmidt in der dortigen Gemeinde den Segen zur Konfirmation. Nach seiner Schulentlassung begann er eine kaufmännische Lehre. Am 17. Mai 1919 heiratete er Luise Piepenstock. Im November 1923 stand er zum ersten Mal vor dem Altar, um das Amt des Unterdiakonen zu empfangen.
Bezirksältester in Dortmund
Am 10. März 1929 wurde Walter Schmidt zum Priester ordiniert. Ab 1930 hatte die kleine Familie – im Januar 1921 war Tochter Waltraut geboren worden, – ihren Wohnsitz in Rummenohl. Dort hatte sich Walter Schmidt als Teilhaber in eine Firma eingekauft, die Hacken, Spaten und Schaufeln herstellte.
Walter Schmidt empfing am 21. Januar 1940 das Bezirksevangelistenamt für den Bezirk Iserlohn. Nach dem Tod von Bezirksapostel Hermann Magney und des Dortmunder Bezirksältesten durch den Bombenangriff 1943 übernahm er als Bezirksvorsteher die Leitung des Kirchenbezirks Dortmund. Die Zugfahrten aus dem Sauerland nach Dortmund waren in Zeiten der Bombenangriffe lebensgefährlich. Oft wartete der Zug bei Fliegerangriffen auf Hagen und Dortmund stundenlang in den Eisenbahntunneln.
Ab dem 25. Juni 1944 betreute Walter Schmidt die Geschwister in der von Bomben stark zerstörten Stadt weiter im neuen Amt als Bezirksältester. Knapp zwei Jahre später empfing er im Mai 1946 in Iserlohn das Bischofsamt.
Ordination zum Apostel
Am 28. September 1946 sonderte Stammapostel Bischoff Walter Schmidt zum Apostel aus. Zwei Jahre später, am 19. September 1948, vertraute er ihm als Bezirksapostel den Apostelbezirk Dortmund an.
Bereits nach seiner Ordination zum Bischof hatte er seine bisherige Tätigkeit als Miteigentümer der Firma aufgegeben. Allerdings blieb er im 35 Kilometer von Dortmund entfernten Rummenohl wohnen.
Apostelbezirke Dortmund und Düsseldorf
Weihnachten 1951 verkündigte Stammapostel Bischoff, dass Jesus Christus zu seinen Lebzeiten wiederkommen werde. Im Apostelbezirk Düsseldorf, der von dem damaligen Bezirksapostel Peter Kuhlen geleitet wurde, leitete die so bezeichnete Botschaft des Stammapostels den Abschluss einer Entwicklung ein, die 1955 zum Ausschluss Kuhlens und der rheinischen Apostel Dehmel und Dunkmann führte. Zugleich wurden die Bezirksämter des Rheinlandes ihrer Ämter enthoben.
Bezirksapostel Schmidt, der schon Anfang Januar 1955 vom Stammapostel mit der Pflege der neuapostolischen Christen beauftragt worden war, die nicht von Bezirksapostel Kuhlen betreut werden wollten, übernahm die Betreuung der rheinländischen Gemeinden.
In dieser Zeit hielt Bezirksapostel Schmidt in der Gemeinde Dortmund-Nord alle 14 Tage Mittwochsabends Gottesdienste, zu denen die Amtsträger seines Arbeitsbereiches eingeladen waren. Sie sollten das Gehörte in den Wochengottesdiensten weitertragen, die damals oft am Donnerstag stattfanden. Oft wurden diese Gottesdienste durch Postkabel in Bezirksgemeinden übertragen. Diese Gottesdienste fanden in der Form bis 1960 statt.
Einstimmige Wahl zum Stammapostel
Am 6. Juli 1960 starb Stammapostel Bischoff. Am nächsten Tag wählte die Apostelversammlung Walter Schmidt einstimmig zum Stammapostel.
Am 11. Juli 1960 hielt Stammapostel Schmidt die Trauerfeier für seinen Amtsvorgänger, die er unter das Wort aus Matthäus 16,18 stellte: „Auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.“ Er würdigte Stammapostel Bischoff unter anderem mit den Worten: „Sein Leben kann nur vom Standpunkt der Ewigkeit richtig bewertet und beurteilt werden.“
Umzug nach Dortmund
Ab Januar 1961 wechselte die Zentrale der Neuapostolischen Kirche offiziell von Frankfurt am Main nach Dortmund. Bereits im Juli 1960 wurde in Rummenohl ein Büro eingerichtet. Im November des Jahres zog Stammapostel Schmidt mit seiner Familie nach Dortmund in das Haus am Westfalendamm 88. 1969 wurde das Haus umgebaut, das Arbeitszimmer des Stammapostels und der Sitzungssaal erweitert. In diesem versammelten sich die Apostel unter Vorsitz des Stammapostels zu regelmäßigen Konferenzen.
Während der Amtszeit von Stammapostel Schmidt erhöhte sich die Mitgliederzahl der Neuapostolischen Kirche von 500.000 im Jahr 1960 auf knapp eine Million im Jahr 1975. Gleichzeitig wuchs die Internationalität der Kirche: 1960 war sie in 60 Ländern vertreten, 1975 bereits in 120.
Reisen nach Nordamerika und Südafrika
Zudem unternahm er zahlreiche Auslandsreisen: Anfang Juni 1961 weilte der Stammapostel in England. Im Mai 1963 besuchte er die Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada. Dort hielt er einige Gottesdienste, zu denen viele Glaubensgeschwister aus allen Teilen des Kontinents zusammenkamen. 1967 und 1974 besuchte er erneut die USA und Kanada.
Am 8. April 1965 flog der Stammapostel nach Johannesburg, wo ihn alle Apostel der südafrikanischen Bezirke empfingen. Es war das erste Mal, dass ein Stammapostel in Südafrika weilte. Anschließend begab sich der Stammapostel nach Rhodesien und Zambia und diente dort mit den ihn begleitenden Aposteln seinen aus nah und fern zusammengekommenen Glaubensgeschwistern. Am Karfreitag, 16. April, und am Ostersonntag, 18. April 1965, hielt er weitere Gottesdienste in Kapstadt, an denen mehrere tausend neuapostolische Christen teilnahmen.
Aus aller Welt kamen die Apostel in den Jahren nach Dortmund. 1968 fand die erste große Apostelversammlung am neuen Sitz der Kirche statt. Zu dieser waren alle Apostel der Welt eingeladen. 43 Apostel nahmen teil, davon 18 aus Übersee. Zwei weitere internationale Apostelversammlungen wurden 1971 und 1974 veranstaltet.
Ruhestand im Alter von 83 Jahren
Am Buß- und Bettag 1974 brach Stammapostel Schmidt während eines Gottesdienstes zusammen. Davon erholte er sich nur sehr langsam. Im Februar 1975 trat er im Alter von 83 Jahren in den Ruhestand. Sein Nachfolger wurde Ernst Streckeisen.
Walter Schmidt blieb weiter im Haus Westfalendamm 88 wohnen, während der Sitz der Neuapostolischen Kirche nach Zürich verlegt wurde. Am 20. Mai 1979 spendete Stammapostel Hans Urwyler dem im Ruhestand lebenden Stammapostel und seiner Gattin Luise den Segen zur diamantenen Hochzeit.
Stammapostel i. R. Schmidt starb am 28. Februar 1981 im Alter von 89 Jahren. Er wurde in Lüdenscheid beigesetzt.
Stammapostel Walter Schmidt
21. Dezember 2011
Text:
Frank Schuldt
Fotos:
Archiv