Neuapostolische Kirche
Westdeutschland
Velbert. Ein intensives Konzert erlebten etwa 200 Zuhörer am Sonntag, 27. September 2015, in der Neuapostolischen Kirche in Velbert. Ein achtzig Stimmen starker gemischter Chor, Sopran- und Bariton-Solo, Klavier und Pauke boten "Ein deutsches Requiem op. 45" von Johannes Brahms (1833-1897).
Unter der Leitung von Wolf-Rüdiger Spieler sangen erstmalig der regerchor köln zusammen mit dem Jugend-Kammerchor cantamus deo aus Thüringen. Als Solisten traten Melanie Spitau (Sopran) und Sebastian Seitz (Bariton) auf, den Klavierpart hatte Iván Kárpáti übernommen und an der Pauke musizierte Alexander Fox.
Das Velberter Konzert wurde möglich durch Kooperation mit der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen. Dank dafür ging an die Kirchenleitung, die Kirchenverwaltung sowie an den Kirchenbezirk Velbert für seine Gastfreundschaft.
Ein Konzert mit einem Werk
Im Unterschied zu vielen anderen kirchlichen Konzerten würden diesmal nicht verschiedene Einzelkompositionen vorgetragen, sondern es stünde ein einziges großes und gewichtiges Werk der spätromantischen Chorliteratur auf dem Programm, so Wolf-Rüdiger Spieler im Vorwort des Programmheftes.
Und eine weitere Information gibt das Programmheft: Das Brahms’sche Requiem, das gewöhnlich in der Fassung für Soli, Chor und Orchester aufgeführt wird, sollte in Velbert ohne Orchester auskommen. Statt des Orchesters kamen Klavier und Pauke dazu. Brahms selbst war es, der auch diese Fassung geschaffen hatte.
Der Pianist des Abends, der in Budapest (Ungarn) gebürtige und im österreichischen Vorarlberg als Musikpädagoge tätige Iván Kárpáti, ergänzte den Klaviersatz von Brahms im Sinne eines orchestralen Klangbildes eigens für diese Aufführung.
Texte aus dem Alten und Neuen Testament
Und so begann er den ersten Satz des Requiems mit weichen tiefen Klavierklängen, großen angedeuteten Melodiebögen und versank fast in Dissonanzen, bevor der Chor mit dem zarten „Selig sind, die da Leid tragen“ einsetzte - zunächst ohne und dann im Wechsel mit Klavierbegleitung. Mit der Textpassage „denn sie sollen getröstet werden“ wurden die Klänge heller und stärker um im zweiten Teil des ersten Satzes einzumünden in die Bibelstelle aus dem 126. Psalm: Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten“.
Im zweiten Satz des Requiems, das Brahms selbst nach Texten aus dem Alten und Neuen Testament zusammengestellt hatte, kam zur Klavierbegleitung dann die Pauke dazu. Wie schon Iván Kárpáti zuvor im ersten Satz spielte auch Alexander Fox, der an einem Gymnasium in Hamm als Musikpädagoge tätig ist, seinen Part mit hoher Virtuosität.
Trauermarsch-Charakter im Wechsel mit fugenartiger Beschwingtheit
Der zweite Satz wechselte inhaltlich zwischen Trauer über die Vergänglichkeit alles Seins und Hoffnung und Freude über das ewige Sein Gottes. So kam es auch musikalisch zunächst wie ein Trauermarsch daher, als der Chor ruhig und fast ohne Bewegung in der Melodie „Denn alles Fleisch ist wie Gras und alle Herrlichkeit wie das Grases Blumen“ einstimmte. Die Pauke verstärkte geradezu den Marschcharakter.
Einen aus der Lethargie dieses Vortrags aufweckenden Moment gab es, als der Chor hervorbrach mit „Aber des Herrn Wort bleibet in Ewigkeit.“ Klavier und Pauke unterstützten den als Durchbruch aus der Traurigkeit zur Hoffnung zu verstehenden Teil mit starken Passagen.
Fast mit Leichtigkeit und ein wenig beschwingt kam danach die im Fugenstil komponierte Vertonung des Jesajatextes: „Die Erlösten des Herrn werden wiederkommen, und gen Zion kommen mit Jauchzen … Freude und Wonne werden sie ergreifen und Schmerz und Seufzen wird weg müssen.“
Überzeugender Bariton-Part und begeisternder Chor
Im dritten Satz hatte der Bariton Sebastian Seitz seinen ersten Auftritt. Bei seinem Vortrag „Herr lehre mich doch, dass es ein Ende mit mir haben muss und mein Leben ein Ziel hat“ wusste er mit reinem Klang, einer angenehmen Dynamik und einer sehr deutlichen und verständlichen Textaussprache zu überzeugen. Im Wechsel mit dem Chor und begleitet von Klavier und dezenter Pauke begann dieser Satz, der in einer triumphierenden Schlussfuge mündete: „Der Gerechten Seelen sind in Gottes Hand, und keine Qual rühret sie an.“
„Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth“, dieser auch oft losgelöst vom Gesamtwerk vorgetragene vierte Satz des Requiems, ließ an diesem Konzertabend die klanglich hervorragende Qualität des Chores in besonderer Weise hervortreten.
Fünfzig Mitglieder des reger chor köln und weitere 30 des Jugend-Kammerchors cantamus deo aus Thüringen verstanden, klanglich voluminös wie gleichzeitig stimmlich transparent und perfekt abgestimmt, mitreißend wie gleichzeitig anmutig, den anspruchsvollen Anforderungen Brahms‘scher Chormusik gerecht zu werden.
Sopransolo lässt den Atem stocken
Der fünfte Satz „Ihr habt nun Traurigkeit, aber ich will euch wiedersehen“ gab der Sopranistin Melanie Spitau Gelegenheit, die Brillanz ihrer Stimme zu präsentieren. Sowohl in den zarten und leisen Passagen der Komposition wie auch in den Höhen überspannenden Bögen mit großem stimmlichen Volumen ließ sie beinah den Atem des Publikums stocken.
Ihr Gesang wurde getragen von einer in diesem Satz sehr zurückgenommenen Chorbegleitung, dazu durch äußerst einfühlsames Spiel von Iván Kárpáti am Klavier. Mit ihrem einer Arie gleichenden Vortrag gab Melanie Spitau dem Requiem einen besonderen Höhepunkt. Es blieb der einzige Einsatz der Sopranistin - so hatte es Johannes Brahms vorgesehen - dafür aber ein sehr eindrucksstarker.
Noch einmal Bariton und stiller Ausklang
Im sechsten Satz konnte noch einmal Sebastian Seitz seine Stimmgewalt als Bariton bezeugen. Quasi als Evangelist in Bach‘scher Kantatenmanier rezitierte er mit „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis, wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden“, ein Text aus dem ersten Korintherbrief.
Mächtige Paukenschläge, präzise und immer rhythmisch perfekt sowie eine überaus virtuose Klavierbegleitung machten auch diesen Satz zu einem Hörgenuss.
Feierlich und nach der Dramatik des vorherigen Satzes eher ruhig und auf einen versöhnlichen Ausklang des Musikwerks hin präsentierten Chor und Klavier den letzten Satz des Requiems mit Worten aus der Offenbarung des Johannes: Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben von nun an.“
Verdienter Applaus
Es dauerte einige Sekunden der Stille und der gebotenen Andacht, bis das Publikum in großem Applaus seine Dankbarkeit für das knapp eineinhalbstündige Konzert bekundete. Dabei galt der Beifall sowohl dem Chor der aus zwei Chören bestand und doch eine Klangeinheit bildete, als auch den beiden Solisten, die mit höchster Konzentration und doch großer Leichtigkeit virtuose Leistungen abgaben.
Ebenso applaudierte das Publikum dem Pianisten, der seine Hände unermüdlich und scheinbar mühelos, jedoch voll konzentriert, auf der Klaviatur des Bechstein-Flügels tanzen ließ und dabei ein ganzes Orchester ersetzte. Hier muss auch die junge Musikerin an seiner Seite erwähnt werden, die jeweils pünktlich die Partitur umblätterte und somit auch für einen gelungen Auftritt sorgte.
Nicht zuletzt galt der Dank der Zuhörer Alexander Fox, der an der Pauke bewies, dass er den hohen Herausforderungen dieses Konzertes mit äußerster Wachheit, präziser Rhythmik und einem ausgeprägten Gespür für die Dynamik und Dramatik des Gesamtwerkes gerecht wurde.
Natürlich reihte sich auch der Dirigent in die Reihe derer ein, denen der Applaus galt. Überaus umsichtig war sein Dirigat, das nicht seiner Selbstdarstellung, sondern der Musik und den ausführenden Musikern diente. Deshalb kam auch kräftiger Applaus von der Bühne an sein Ohr.
7. Oktober 2015
Text:
Günter Lohsträter
Fotos:
Günter Lohsträter
Externe Links
Datenschutzeinstellungen
Mit Hilfe einiger zusätzlicher Dienste können wir mehr Funktionen (z.B. YouTube-Video-Vorschau) anbieten. Sie können Ihre Zustimmung später jederzeit ändern oder zurückziehen.
Datenschutzeinstellungen
Diese Internetseite verwendet notwendige Cookies, um die ordnungsgemäße Funktion sicherzustellen. Jeder Nutzer entscheidet selbst, welche zusätzlichen Dienste genutzt werden sollen. Die Zustimmung kann jederzeit zurückgezogen werden.
Einstellungen
Nachfolgend lassen sich Dienste anpassen, die auf dieser Website angeboten werden. Jeder Dienst kann nach eigenem Ermessen aktiviert oder deaktiviert werden. Mehr Informationen finden sich in der Datenschutzerklärung.