
Neuapostolische Kirche
Westdeutschland
Dortmund. Im November 2008 fand der letzte Gottesdienst in der Kirche Dortmund-Nord statt. Das Gotteshaus an der Braunschweiger Straße gehört zu den bekanntesten Gebäuden in der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen. Im September 2015 verkaufte die Kirche das Gebäude an einen Dortmunder Projektentwickler, der das Areal für wohnungswirtschaftliche Zwecke nutzen will. Auf dem jetzigen Parkplatz ist der Bau einer Kindertageseinrichtung geplant.
In der Traditionsgemeinde Dortmund-Nord fanden über viele Jahrzehnte große Gottesdienste statt, die die Geschichte der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen nachhaltig prägten. Mit 1.765 Sitzplätzen insgesamt, davon 1.400 im Kirchenschiff, gehörte das Kirchengebäude lange Jahre zu den größten in der Neuapostolischen Kirche und wurde – auch durch die Nähe zur Verwaltung der Gebietskirche – häufig für zentrale und größere Gottesdienste genutzt.
Als 1930 das erste Kirchengebäude an der heutigen Stelle eingeweiht wurde, lag die Kirche noch mitten in einem Wohngebiet, in dem die Familien der Bergwerksarbeiter lebten. Doch das Umfeld veränderte sich im Laufe der Zeit. Vor allem die Familien zogen in den letzten Jahrzehnten ins Umland, so dass die Gemeinde – verstärkt durch die demographische Entwicklung – immer kleiner und älter wurde. Daher wurde im Sommer 2008 die Entscheidung getroffen, die Gemeinde mit ihren 100 aktiven Mitgliedern mit der Nachbargemeinde am Standort Dortmund-Eving zusammenzulegen.
Probenort für das Jugend-Sinfonieorchester
Seitdem wird das Gebäude in der Braunschweiger Straße vom Jugend-Sinfonieorchester der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen als Probenraum genutzt. Im Herbst 2014 machte das Gebäude Schlagzeilen, als es von linken Aktivisten besetzt und von der Polizei geräumt wurde.
Zudem wurde das Gebäude in Zusammenarbeit mit dem Kulturbüro der Stadt Dortmund mehrfach unentgeltlich für kulturelle Veranstaltungen und Projekte zur Verfügung gestellt. Nach der Schließung des Gemeindestandortes hatte die Kirchenverwaltung Kontakt zur Stadt Dortmund aufgenommenen, um Bereitschaft zu einer stadtteilbezogenen Nutzung zu signalisieren. Dabei wurden verschiedene Nutzungsszenarien diskutiert. Schlussendlich konnte jedoch keine der Ideen realisiert werden, so dass die Kirche das Gebäude zum Verkauf anbot.
Der Käufer übernimmt das Kirchengebäude mit dem Grundstück, den Parkplatz sowie das Nebengebäude, in dem bis 1984 die Verwaltung der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen untergebracht war. Vorgesehen ist eine wohnungswirtschaftliche Nutzung des Areals mit sozialem Charakter. Allerdings hat der Käufer ein Rücktrittsrecht bis zum Jahresende. Erst danach wird der Kaufvertrag wirksam.
Über 100-jährige Geschichte
Die 112-jährige Geschichte der Gemeinde Dortmund-Nord begann 1896. In diesem Jahr wurde in Dortmund die erste neuapostolische Gemeinde gegründet. 1930 entstand das große Kirchengebäude mit zwei umliegenden Wohnhäusern an der Braunschweiger Straße. Es war das erste kircheneigene Gotteshaus nach vielen privaten Versammlungsstätten.
13 Jahre nach der Einweihung wurde das Kirchengebäude am 5. Mai 1943 bei einem Luftangriff der Alliierten auf Dortmund komplett zerstört. Dabei kamen Bezirksapostel Hermann Dietrich Magney, sein Sohn Hermann, der Vorsteher und Bezirksälteste Arthur Kraft sowie weitere Angehörige und Gemeindemitglieder ums Leben. Sechs neuapostolische Christen starben im Keller der Kirche, in ganz Dortmund wurden 684 Menschen getötet.
Im Oktober 1946 begann nach schweren Jahren der Wiederaufbau des zerstörten Kirchengebäudes, der am 12. September 1948 mit dem Einweihungsgottesdienst durch Apostel Walter Schmidt abgeschlossen wurde. Eine Woche später setzt Stammapostel Bischoff in einem Gottesdienst mit 4.500 Teilnehmern den Apostel zum neuen Bezirksapostel für den Apostelbereich Westfalen. Gleichzeitig kehrte auch die Verwaltung an die Braunschweiger Straße zurück.
Großer Umbau 1970/1971
1960 wurde Bezirksapostel Schmidt zum Nachfolger von Stammapostel Bischoff bestimmt. Er beauftragte 1968 Bezirksapostel Emil Schiwy mit der Leitung des Bezirks Nordrhein-Westfalen. Zwei Jahre später begann ein großer Umbau der Kirche Dortmund-Nord. Die aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs erbaute Kirche genügte nicht mehr den modernen Anforderungen und wies massive Zerfallserscheinungen auf. Im Rahmen der Umbaumaßnahmen blieben lediglich die Grundmauern des Kirchenschiffs mit den Seitenemporen stehen. Die Kirche erhielt unter anderem weitere Nebensäle im Obergeschoss, ein Spitzdach sowie eine neue Fassade.
Im Juni 1984 zog die Verwaltung der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen von der Braunschweiger Straße an den heutigen Standort am Westfalendamm. Das dortige Gebäude war ab 1960 von Stammapostel Schmidt als Verwaltung der Neuapostolischen Kirche International genutzt und in zweijähriger Bauzeit umgebaut und erweitert worden.
Wechsel der Kirchenleitung
Am 13. Oktober 1991 besuchte Stammapostel Richard Fehr die Gemeinde Dortmund-Nord und setzte Bezirksapostel Hermann Engelauf aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand. Sein Nachfolger als Leiter der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen wurde Apostel Horst Ehlebracht. Dieser hielt am 5. Juni 1996 den Jubiläumsgottesdienst zum 100-jährigen Bestehen der Gemeinde. Eine Woche später empfingen der heutige Bezirksapostel Armin Brinkmann und seine Frau Brigitte in einem Gottesdienst an gleicher Stelle durch Stammapostel Richard Fehr den Segen zur silbernen Hochzeit.
In den Folgejahren fanden regelmäßig Zentralgottesdienste in der großen Kirche statt, beispielsweise für alle Gemeindevorsteher, alleinlebende Kirchenmitglieder oder die Senioren. 2002 wurde das Kirchengebäude letztmalig renoviert.