Neuapostolische Kirche
Westdeutschland
Greven/Dortmund. Das neue Gotteshaus der Neuapostolischen Kirche in Greven (Bezirk Münster) wird dominiert von 32 großflächigen drei Meter hohen und mit Glaskunst gestalteten Fenstern. Sie symbolisieren den Lebenszyklus am Beispiel der vier Jahreszeiten. Entworfen wurde das Kunstwerk von Lea Schulz-Dievenow, die bereits die Neuapostolische Kirche in Porta Westfalica mitgestaltete, die im letzten Jahr eingeweiht wurde.
Die Ausstattung des Neubaus in Greven mit Glaskunst war eine Empfehlung des Gestaltungsbeirats der Stadt Greven. Schon früh beteiligte die Bauabteilung der Neuapostolischen Kirche die Vlothoer Künstlerin Lea Schulz-Dievenow an den Planungen für die künstlerische Gestaltung des Kirchengebäudes. Schnell war klar, dass es Sinn macht, die hohen Fenster des Kirchenschiffs mit Glaskunstelementen zu versehen.
Für jede Himmelrichtung eine Jahreszeit
„Durch die quadratische Gestaltung war es naheliegend, die Zahl vier aufzunehmen. Daraus entwickelten sich Themen wie die vier Himmelsrichtungen, die vier Jahreszeiten, die vier Tageszeiten und der Lebenszyklus heraus“, berichtet die Künstlerin bei der Vorstellung anlässlich der Feierstunde zur Schlüsselübergabe. Vor allem der Lebenszyklus faszinierte sie, denn jeder Mensch von jung bis alt erlebt ihn. Zudem weist er eine Parallelität zu den vier Jahreszeiten auf.
Sinnbildlich steht auch für Jahreszeit eine Himmelsrichtung. So stehen der Süden für den Sommer, der Norden für den Winter, der Osten für den Frühling und der Westen für den Herbst.
Ganzheitlicher Entwurf
In der umlaufenden Gestaltung der Fenster verknüpfte sie den Lebenszyklus mit den Jahreszeiten und den Himmelsrichtungen. Der freie Entwurf läuft dabei außerhalb der Fenster unsichtbar weiter, bezieht so die ganze Architektur mit ein und wirkt auf der ganzen Fläche. Die frei und geschwungen laufenden Farbfelder setzen dabei einen Kontrapunkt zur Architektur mit ihren strengen Linien und Rechtecken.
Nachdem das Konzept feststand und genehmigt war, stellte sich die Frage nach der Umsetzung. „Uns war von Beginn an wichtig, dass die Glaskunst langfristig Bestand hat“, erläutert Daria Kliem, stellvertretende Leiterin der Bauabteilung der Kirchenverwaltung. Daher schied eine Beklebung mit Folien aus. Beschlossen wurde stattdessen eine Gestaltung in hochwertiger traditioneller Glasmalerei. Dabei arbeitete die Kirche mit der renommierten Glasmalerei-Manufaktur Peters in Paderborn zusammen.
Streueffekt durch Sandstrahlbehandlung
Im Frühjahr wurden die digitalisierten Entwürfe von Lea Schulz-Dievenow dann in der Werkstatt der Glasmalerei Peters auf die Scheiben übertragen. Dies geschieht dort durch eine Glasmalerin per Hand. Dabei kommen keramische Brennfarben zum Einsatz. „Durch die freie Malerei in Kombination mit der Airbrush-Technik bekommen die Farben mehr Tiefe, sie wirken intensiver“, erläuterte Christoph Sander, Geschäftsführer der Glasmalerei Peters bei einem Besuch der Werkstatt in Paderborn.
Jede einzelne Scheibe wurde im Anschluss rund zwölf Stunden bei bis zu 600 Grad im Ofen gebrannt. Bei einigen Fenstern war dies mehrmals notwendig, da die Motive Schicht für Schicht aufgetragen wurden. Durch das Einbrennen werden die Farben transparent, haltbar und lichtecht.
Die Scheiben erhielten nach der Malerei rückseits einen matten Effekt mittels Sandstrahlbehandlung. Dadurch wird einfallendes Licht gestreut und die farbige Malerei optisch zusammengefügt zu einem großen Bild.
Im Anschluss wurde jede einzelne Scheibe bei Tageslicht geprüft, die Farben zwischen den Elementen abgeglichen und teilweise noch nachgearbeitet. „Mit dem Ergebnis bin ich total glücklich“, so die Künstlerin bei der Präsentation.
Dynamisches, farbenfrohes Kunstwerk
Das Glaskunstwerk beeindruckte die Besucher der Schlüsselübergabe und des Weihegottesdienstes am 20. und 21. August 2016: Die Fensterscheiben im oberen Bereich des Kirchenschiffs wirken durch die farbenfrohe lockere Gestaltung lebendig. Die mattierte Oberfläche der Scheiben wirkt wie eine Leinwand und verstärkt die Dynamik des Lebenszyklus. Durch das wechselnde Licht am Himmel und den unterschiedlichen Stand der Sonne wird immer wieder ein anderer Teil des umlaufenden Kunstwerks betont. Die Glasmalerei wirkt dabei nicht nur nach innen. Abends, wenn in der Kirche Licht brennt, erstrahlt die Glaskunst nach außen.
Eine Herausforderung war dabei die Montage der Scheiben: Die beauftragte Firma Brinker aus Neuenkirchen musste sich eine Konstruktion bauen, um die Fenster in die Aussparungen im oberen Bereich des kubusförmigen Gebäudes zu heben. „Gott sei Dank ist dabei keine Scheibe zu Bruch gegangen“, betonte Lea Schulz-Dievenow bei der Schlüsselübergabe ausdrücklich.
Lebensbaum wächst mit der Gemeinde
Im Foyer der Kirche in Greven findet sich noch ein zweites Kunstwerk: Der Lebensbaum. Er greift das Thema der Fenster auf und führt es weiter. Die in die Wand eingelassenen vielfarbigen Glasblätter nehmen Bezug auf die Jahreszeiten. Strahler in der Nische hinter dem Kunstwerk beleuchten die Glaselemente und transparenten, scherenschnittartigen Stellen des Baums. Durch gefüllte und nicht gefüllte Stellen auf der Fläche ergibt sich ein lebendiges Lichtspiel.
Der Lebensbaum wird künftig mit der Gemeinde mitwachsen – mit einem Fokus auf den Anfang des Lebens. Dazu werden am Ende der dargestellten Äste kleine Blätter aus Messing angebracht. Jedes neugeborene Kind kann künftig mit graviertem Namen und Geburtsdatum in einem Blatt aus Messing verewigt werden.
Drittes Glaskunst-Bauprojekt in NRW
Erstmals hatte die Neuapostolische Kirche die renovierte Kirche in Hagen-Wehringhausen, die 2009 eingeweiht wurde, im Rahmen eines Pilotprojekts mit Glaskunst verschönert. Dabei kamen Texte aus der Heiligen Schrift als gestaltendes Element zum Einsatz.
„Früher haben wir unsere Kirchen maximal mit einfachen Mosaiken in Form von Bleiverglasung oder ähnlichem ausgestattet“, erläutert Jürgen Skupin, Leiter der Bauabteilung. Heute sei der Anspruch an die künstlerische Gestaltung von Kirchen jedoch gewachsen.
Ein weiteres Glaskunstprojekt lässt sich in der 2015 eingeweihten Neuapostolischen Kirche in Porta Westfalica bewundern: Hier sind die vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde in Fensterglas dargestellt. Hinter dem Altar leuchtet ein großes blaues Kreuz aus mundgeblasenem Glas. Auf dem Glas des Eingangsportals finden sich Bibelzitate zum Thema „Tür“ und im Foyer im Bereich vor dem Kirchenschiff ist die Schöpfungsgeschichte auf sieben Lichtbildern in abstrahierter Form dargestellt.
25. August 2016
Text:
Frank Schuldt
Fotos:
Lea Schulz-Dievenow
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