
Neuapostolische Kirche
Westdeutschland
Dortmund. Aktivisten aus der linken Szene haben am Freitagabend, 17. Oktober 2014, die profanierte neuapostolische Kirche Dortmund-Nord an der Braunschweiger Straße besetzt. Noch in der Nacht räumte eine Einheit der Bereitschaftspolizei das Gebäude. Gegen die 28 Besetzer wurden Strafverfahren wegen des Verdachts des Hausfriedensbruchs und der Sachbeschädigung eingeleitet.
Gegen 22 Uhr wurde die Polizei durch Anwohner informiert, dass sich Personen im Gebäude der ehemaligen neuapostolischen Kirchengemeinde Dortmund-Nord aufhalten. Die Besetzer hatten sich im Laufe des Abends mit Gewalt Zutritt zum Gebäude verschafft und die Außentüren verbarrikadiert. An der Fassade waren verschiedene Transparente aufgehängt worden, die auf die Anliegen der Aktiviten hinwiesen. Die anrückende Polizei sperrte das Gelände weiträumig ab, eine Einsatzhundertschaft machte sich auf den Weg.
Erste Besetzung endete mit Strafverfahren
In der Stadt Dortmund war es die zweite Besetzung einer stillgelegten Kirche innerhalb weniger Wochen. Im August hatten Aktivisten der sogenannten Avanti-Gruppe eine leer stehende katholische Kirche in der Nordstadt besetzt, um dort ein interkulturelles Zentrum zu eröffnen. Als es zu Steinwürfen aus dem Gebäude heraus auf Demonstranten kam, räumte die Polizei die ehemalige Kirche. Die Staatsanwaltschaft leitete in der Folge zahlreiche Ermittlungsverfahren ein.
Um solche Konfliktsituation und weitere Straftaten im Fall des Gebäudes in Dortmund-Nord zu verhindern, entschieden Vertreter der Neuapostolischen Kirche vor Ort nach Rücksprache mit der Polizei und dem Ordnungsamt, die Besetzung kurzfristig zu beenden und erstatteten Anzeige wegen Hausfriedensbruchs. Ohne Strafanzeige wäre die Kirche als Eigentümerin auch für alles, was auf dem Gelände passiert, haftbar gewesen.
Im Vorfeld hatten die Besetzer das Angebot eines freiwilligen Abzugs telefonisch mehrfach ausgeschlagen. Dabei hatten die Kirchenvertreter auch angeboten, auf zivilrechtliche Schritte und Schadenersatz zu verzichten. Schließlich begann die Polizei nach Mitternacht mit der Räumung des Gebäudes.
Ermittlungsverfahren eingeleitet
Die Besetzer hatten sich im Obergeschoss des Gebäudes verschanzt und die Treppenhäuser mit Stühlen, Tischen und alten Kirchenbänken verbarrikadiert. Zudem hatten sie – mutmaßlich in Erwartung einer Räumung – die Außentüren aufwendig mit Riegeln gesichert und Zwischentüren verschlossen. Dadurch entstand beim Vorrücken der Polizei Sachschaden am Inventar. Den ehemaligen Sakralraum hatten die Besetzer abgeschlossen und unangetastet gelassen.
Nachdem die Polizei die feuerfeste Stahltür zu einem Nebenraum gewaltsam mit einem Rammbock geöffnet hatte, ließen sich die überwiegend jungen Besetzer ohne Widerstand festnehmen. Die Beamten stellten die Identität der 28 Personen fest und erteilten nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen Platzverweise. Eine Minderjährige wurde in die Obhut ihrer Erziehungsberechtigten übergeben. Gegen die Besetzer wird die Staatsanwaltschaft Strafverfahren wegen des Verdachts auf Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung einleiten. Gegen 3 Uhr war die Polizeiaktion beendet.
Ein soziales Stadtteilzentrum
Parallel zur Besetzung und Räumung hatten sich etwa 50 Unterstützer auf einer nahen Kreuzung versammelt und drückten unter Aufsicht der Polizei ihre Solidarität mit den Besetzern aus. Die Spontankundgebung wurde durch die Versammlungsleiterin zeitgleich mit Polizeieinsatz beendet.
Wie schon bei der früheren Kirchenbesetzung hatten die Besetzer die Gründung eines sozialen Stadtteilzentrums als Ziel angegeben. Ungenutzte Räume sollten der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden, um sie für soziale Zwecke zu nutzen: „Während hier gleichzeitig reihenweise Gebäude, von der rein industriellen über die kulturelle bis zur wohnlichen Nutzung, leer stehend vor sich hin verrotten, leben viele ganz ohne Dach oder zu unfassbaren Konditionen in den Straßen des Dortmunder Nordens", schrieben die Besetzer auf einer Internetseite.
Ein Sprecher der Gruppe rechtfertigte am Samstagmorgen den Einsatz der Mittel in einer Pressemitteilung: "Alle legalen Versuche die Nordstadt mit einem vernünftigen Freiraum für Kultur und soziale Projekte zu bereichern, werden immer an der Unfähigkeit der im System gefangenen Politik scheitern, von unten kommende Strukturen und Projekte zu akzeptieren."
Offen für Gespräche
Die Neuapostolische Kirche bedauert die nächtliche Entwicklung. Zwar werde das Kirchengebäude seit 2008 nicht mehr für sakrale Zwecke genutzt, dennoch finden regelmäßig Veranstaltung wie Proben des Jugend-Sinfonieorchesters statt. Es handle sich also nicht um ein leer stehendes Gebäude. Zudem wurde das Gebäude in Zusammenarbeit mit dem Kulturbüro der Stadt Dortmund mehrfach unentgeltlich für kulturelle Veranstaltungen und Projekte zur Verfügung gestellt.
Bereits zeitnah nach der Schließung der Kirche 2008 hatte die Verwaltung Kontakt zur Stadt Dortmund aufgenommenen, um Bereitschaft zu einer stadtteilbezogenen Nutzung zu signalisieren. „Diese Bereitschaft besteht immer noch, Gesprächen über eine künftige kulturelle oder soziale Nutzung des Gebäudes stehen wir aufgeschlossen gegenüber“, sagt Eberhard Dodt, Verwaltungsleiter der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen. „Lösungen lassen sich sicher auch ohne Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung finden.“
2014 besetzten linke Aktivisten das zum Verkauf stehende Kirchengebäude
18. Oktober 2014
Text:
Frank Schuldt
Fotos:
Frank Schuldt
Interne Links
- Pressemitteilung: Dortmund: "Kirche besetzt - Polizei räumt noch in derselben Nacht" (Ruhr Nachrichten)
- Pressemitteilung: Dortmund: "Erneute Kirchenbesetzung in Dortmund - Räumung verlief friedlich" (WDR Dortmund)
- Pressemitteilung: Dortmund: "Entweihte Kirche von Personengruppe besetzt" (Polizei Dortmund)
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