
Neuapostolische Kirche
Westdeutschland
Angola/Dortmund. Apostel João Uanuque Misselo (49) ist seit Februar Bezirksapostelhelfer für Angola und unterstützt Bezirksapostel Rainer Storck (57) in der Betreuung der mehr als 250.000 Gläubigen in dem westafrikanischen Land. Im Interview sprechen Bezirksapostel Storck und sein Bezirksapostelhelfer über die neue Zusammenarbeit und die Situation der neuapostolischen Christen in Angola.
Bezirksapostel Storck, Sie haben den Stammapostel gebeten, einen Bezirksapostelhelfer für Angola zu beauftragen. Was waren die Gründe dafür?
Bezirksapostel Storck: Die Neuapostolische Kirche in Angola wächst stark und kontinuierlich. So sind im Jahr 2013 zwei Apostel gesetzt worden und in diesem Jahr noch einmal zwei. Von daher macht es Sinn, dass die Apostel vor Ort und auch ich als Bezirksapostel einen Hauptansprechpartner in Angola haben. Mit ihm werde ich noch enger zusammenarbeiten können, als es mit den einzelnen Aposteln vor Ort möglich ist. Meine Reiseintensität ändert sich dadurch aber nicht: Ich werde weiterhin zweimal im Jahr nach Angola reisen.
Apostel Misselo, Sie sind von Kindheit an neuapostolisch und engagierten sich bereits als Jugendlicher in der Kirche. Wie haben Sie die Zeit damals erlebt?
Bezirksapostelhelfer Misselo: Meine Eltern und Großeltern haben meinen Geschwistern und mir diese besondere Freude in unsere Kinderherzen hineingelegt, die sich bei der kirchlichen Arbeit entwickelt. Dies hat bewirkt, dass wir es unseren Eltern und Großeltern gleichgetan haben. Mit dreizehn Jahren habe ich begonnen, den Chor zu dirigieren. In Afrika sind die Dinge schwieriger: Ich habe einfach nur in Hosen, manchmal ohne Schuhe, vor dem Chor gestanden. Das Wichtige war, dass der Gottesdienst stattfand und auf diese Weise unterstützt werden konnte.
Später wurde ich auch als Jugendleiter eingesetzt. All das habe ich immer mit Freude getan und auch Freude dabei empfangen. Unsere Eltern haben uns gelehrt, bei allem, was das Werk des Herrn angeht, niemals Nein zu sagen. So haben wir es bis heute gemacht.
Wie ging es nach der Schule beruflich bei Ihnen weiter?
Bezirksapostelhelfer Misselo: Ich habe sehr früh eine Ausbildung als Zeichner absolviert. Zu dieser Zeit musste man als Jugendlicher zum Militär, aber dank der Ausbildung, die ich zuvor genossen hatte, bin ich 1986 als Soldat ins Außenministerium gekommen und brauchte nicht an der Front zu kämpfen. Das hat mir die Möglichkeit verschafft, mein Amt weiter auszuüben. Später kam ich zum Sicherheitsdienst und zur Militärpolizei. 1992 konnte ich die Armee wieder verlassen. Danach arbeitete ich als Maler und habe Landwirtschaft betrieben, bis ich 1997 mit der Ordination als Apostel in den Kirchendienst gewechselt bin.
Wie hat der jahrzehntelange Bürgerkrieg in Angola die Menschen beeinflusst?
Bezirksapostelhelfer Misselo: Die Misere eines Krieges ist unvorstellbar. Bei solchen Fragen muss ich immer an meine Freunde und Bekannten denken, die im Krieg ihr Leben verloren haben. Der Krieg, der mehr als dreißig Jahre dauerte, war eine einzige Katastrophe. In der Provinz – wo ich lebte – war er am intensivsten. Die Konflikte führten auch dazu, dass das Land in seiner Entwicklung stehen blieb. Noch einmal: Ein Krieg bringt nur Elend.
Waren Ihre Familie und Sie vom Krieg betroffen?
Bezirksapostelhelfer Misselo: Ein jüngerer Bruder von mir ist im Krieg gestorben. Ein anderer Bruder, der heutige Apostel Capote Misselo, wurde im Krieg schwer verletzt. Bis heute hat er Granatsplitter im Körper und ist behindert. Ich glaube es gibt keine Familie in Angola, die von den Folgen des Kriegs verschont blieb.
Gab es kritische Situationen für Sie?
Bezirksapostelhelfer Misselo: Ich habe oft gespürt, dass Gott mit den Seinen ist und hilft. Ein Beispiel: Kurz vor meinem 18. Geburtstag flammten die Kämpfe in der Region wieder auf, sodass neue Kämpfer benötigt wurden. Aus den Dörfern wurden junge Männer abgeholt und in ein Stadion gebracht, darunter auch ein Mann aus meinem Dorf, der bislang an der Existenz eines Gottes gezweifelt hatte. Als wir dort auf der Tribüne saßen, sagte er zu mir, dass mir mein Glaube nun auch nicht helfen werde, denn das Militär werde jeden gesunden Jugendlichen mitnehmen. Ich entgegnete, dass ich auf die Hilfe Gottes vertrauen würde.
Als schließlich die Offiziere kamen, zeigten sie auf den Bereich, in dem wir saßen. Mit einigen Männern, darunter ein jüngerer Bruder von mir und einige neuapostolische Jugendliche, durften wir in unser Dorf zurückkehren. Später am Tag wurde auch der erwähnte Mann nach Hause geschickt. Von da an besuchte er regelmäßig die Gottesdienste. Heute dient er als Bezirksevangelist. Und dies ist nur eine von vielen Erlebnissen, von denen ich berichten könnte.
Inwiefern hatte der Bürgerkrieg Auswirkung auf die Neuapostolische Kirche?
Bezirksapostelhelfer Misselo: Damals war es fast unmöglich, die Gemeinden seelsorgerisch zu betreuen. Ich denke an Bezirksapostel i. R. Armin Brinkmann, der in dieser Zeit mehrfach sein Leben riskierte, um seine Glaubensgeschwister zu besuchen. In diese zeit fiel auch der Tod von Apostel Ronsard, der bei einer gemeinsamen Reise mit dem damaligen Apostel Brinkmann erschossen wurde. Ebenso haben viele Geschwister und Amtsträger ihr Leben verloren.
Mehrmals war auch ich nah an der Front, um Gemeinden zu betreuen. Ich reiste mit einem Militärflugzeug an die Grenze zu Sambia und besuchte dort Gläubige, die zehn Jahre auf den Besuch eines Apostels gewartet hatten. Wo es möglich war, ging die kirchliche Arbeit weiter. Es gab viele Hindernisse, die eine Entwicklung der Kirche schwierig machten, sie aber letztendlich nicht aufhalten konnten.
Bezirksapostel, Sie haben inzwischen einige Regionen Angolas kennengelernt. Sieht oder spürt man noch, dass bis vor einigen Jahren dort Bürgerkrieg war?
Bezirksapostel Storck: Ruinen oder Trümmer sind kaum noch zu finden. Aber je nach dem, in welches Gebiet man reist, sieht man noch Spuren des Krieges. Da ist es zum einen so, dass die Menschen darüber sprechen, zum anderen gibt es auch viele Mahnmale und Denkmäler, die an den Krieg beziehungsweise an die Friedensabkommen erinnern. Ich möchte es positiv ausdrücken: Wir waren im letzten November anlässlich des Gottesdienstes für Entschlafene in Luena, wo wir ein Mahnmal besucht haben. Aber die positive Reaktion der Menschen ist: Man freut sich über den Frieden und betet dafür, dass der Friede erhalten bleibt. Der Friede wird als großes Glück empfunden.
Apostel, wie sind die Lebensverhältnisse heute vor Ort? Gibt es große Unterschiede im Land?
Bezirksapostelhelfer Misselo: Wirtschaftlich und finanziell ist Luanda das Zentrum des Landes und als Hauptstadt auch teilweise westlich geprägt. Aber in der umliegenden Gegend gibt es Stadtviertel, Bairros genannt, in denen die Menschen sehr arm sind. Es gibt in Angola immer noch viele Regionen abseits der Städte, wo die Menschen einfach im Busch wohnen und von dem leben, was die Natur hergibt. Es gibt also die ganze Bandbreite: von Armut bis hin zu relativem Wohlstand - allerdings nur für einige wenige, denen es gut geht.
Wie ist die Situation für unsere Kirche heute in Angola? Können die Seelsorger ungehindert arbeiten?
Bezirksapostelhelfer Misselo: Die Seelsorger haben alle Freiheiten, da die Regierung in Angola Religionsfreiheit garantiert. Unsere Kirche ist im Land willkommen. Es gibt sogar Bereiche im Land, wo unsere Kirche vom Staat unterstützt wird, wenn es notwendig ist.
Es gibt zudem sehr gute Kontakte zu anderen christlichen Konfessionen. Das liegt auch daran, dass die Zusammenarbeit vom Staat aktiv gefördert wird. Zu besonderen Anlässen gibt es gemeinsame Veranstaltungen, beispielsweise am Tag des Friedens. Es wird nicht gegeneinander gearbeitet. Jeder lehrt seine Lehre und das wird respektiert.
Fortsetzung folgt ...
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