
Neuapostolische Kirche
Westdeutschland
Oberhausen/Dortmund. Stammapostel Jean-Luc Schneider stellte sich am diesjährigen Jugendtag der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen am 14. Mai 2015 in der Arena Oberhausen den Fragen der Jugendlichen. Im zweiten Teil geht es um die öffentliche Wahrnehmung der Kirche, wie jeder einzelne als Christ ein Vorbild sein kann und ob 50 Kilometer zur nächsten Gemeinde ein weiter Weg sind.
Jetzt haben wir in den Predigten von Leid und Not auf dieser Welt gehört. Da interessiert uns als Jugendliche: Inwiefern beziehen wir als Kirche dazu öffentlich Stellung?
Die Neuapostolische Kirche sieht ihre Aufgabe darin, den Menschen zu helfen, das Evangelium in die Tat umzusetzen. Das ist unsere Rolle in der Gesellschaft. Aber nur weil wir die Gabe des Heiligen Geistes empfangen haben, weil Herr Schneider Stammapostel und Herr Storck Bezirksapostel sind, hat uns der Heilige Geist kein allumfassendes Wissen gegeben.
Wir haben einfach nicht die Kompetenz, zu jedem Thema etwas zu sagen. Ob es nun um Kriege geht, um Wirtschaft, Politik oder Medizin: Da gibt es Experten, die wissen viel mehr. Als Kirchenvertreter müssen wir es akzeptieren, dass wir nicht Experten für alles sind. Gott hat uns keinen Auftrag gegeben, die Welt zu regieren und Ordnung zu schaffen. Lasst uns demütig bleiben.
Wir können in vielen Fällen allerdings für andere beten und Hinweise geben, dass man nach dem Evangelium so handeln müsste. Auch können wir die Bemühungen der Menschen unterstützen, die Dinge in Ordnung bringen wollen. Und auch in unserem täglichen Verhalten sollten wir dazu beitragen, dass die Welt in Ordnung bleibt oder in Ordnung kommt. Das mag ein jeder an seinem Platz tun.
Wäre es nicht auch gut, wenn diese Stimme der Nächstenliebe laut würde in dieser Welt? Auch wenn wir nicht die Kompetenzen haben, könnten wir zumindest die christlichen Werte betonen?
In unserer Welt wird so viel gesprochen, folgt eine Nachricht auf die andere. Meine persönliche Überzeugung ist, dass es da nicht helfen würde, wenn nun noch eine Stimme dazukäme. Ob die Neuapostolische Kirche da etwas sagt oder nicht, das ginge sofort in der Flut der Informationen unter.
Ich habe da eine andere Strategie: Wenn jeder neuapostolische Christ an seinem Platz die Nächstenliebe lebt, hat das einen viel größeren Einfluss auf die Gesellschaft, als wenn sich jemand hinter ein Mikrofon stellt. Die neuapostolischen Christen – jeder einzeln und auch gemeinsam – müssen die Nächstenliebe leben. Das wird bemerkt und das bewirkt etwas.
Kommen wir vom Weltgeschehen wieder zurück zum persönlichen Leben. Ich greife noch einmal das Wort „Gemeinschaft“ auf, das schon häufiger gefallen ist. Gemeinschaft findet in der Gemeinde statt. Manchmal sorgen wir Jugendlichen uns um die Zukunftsfähigkeit unserer Gemeinde. Was können Sie uns dazu sagen?
Ich freue mich, dass sich die Jugendlichen darüber Gedanken machen. Das beweist, dass sie ihre Gemeinde lieben und dass sie sich damit identifizieren.
Wenn wir über die Zukunft der Gemeinde sprechen, dann fragen wir nach dem Willen Gottes. Der Wille Gottes ist, dass die Braut vollendet wird. Da brauchen wir uns keine Sorgen machen: Wer das Ziel erreichen will, dem wird Gott alles geben, was er dafür benötigt. Um unsere Seligkeit, um die Versorgung unserer Seele, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.
Natürlich muss das nicht unbedingt vor der Haustür geschehen. Ich kann verstehen, dass ihr euch in Europa, besonders hier in Deutschland, solche Gedanken macht. Es gibt hier sehr viele Gemeinden. Als Franzose kenne ich das so nicht. Vor zwei Wochen war ich in Nizza und habe in meinem Urlaub Gottesdienst gehalten. Die Gemeinde hat fünfzehn Mitglieder. Und der Vorsteher, der einzige Amtsträger der Gemeinde, wohnt in Marseille. Er fährt für jeden Gottesdienst, für jeden Besuch, mehrere Hundert Kilometer weit.
Es gibt viele Länder auf der Erde, wo das so ist, wo die Gläubigen viele Hundert Kilometer fahren müssen, wenn sie zum Gottesdienst kommen wollen, weil es sonst keine Gemeinde gibt. Sie tun es und sie werden selig. Sicherlich können wir nicht garantieren, dass in der Zukunft in jedem Gebiet eine Gemeinde im Umkreis von 50 Kilometern ist, wie es einmal war. Aber das ist nicht entscheidend für unser Seelenheil.
Wir leben in der Vorstellung: Bevor der Herr kommt, muss die letzte Seele gefunden werden, sprich: Die ganze Welt muss neuapostolisch werden. Das stimmt nicht. Wir haben die Garantie, dass die Braut des Herrn vollendet wird. Es geht nicht darum, dass am Tag der ersten Auferstehung die ganze Welt aufersteht. Es geht ja um Erstlinge. Das eigentliche Heil kommt später: Im tausendjährigen Friedensreich und beim Endgericht ist das Heil für alle Menschen zugänglich und sie gehen dann ein in die neue Schöpfung. Die Wiederkunft Jesu Christi ist nur eine Etappe. Da kommen nicht alle dazu; aber die Brautgemeinde, die der liebe Gott braucht, wird vollendet sein.
Wie viele von dieser Braut nun in dem Moment, wenn der Herr kommt, noch auf Erden sind und wie viele im Jenseits, wie viele in Deutschland, wie viele in Spanien, wie viele in Sambia und wie viele in Mexiko, das weiß ich nicht. Aber eins weiß ich: Die der Herr will und solche, die wollen, werden dabei sein. Also wollen wir uns nicht entmutigen lassen, weil nun hier und da die Zahl der Gemeinden abnimmt, dass wir weniger Gläubige in der Gemeinde sind. Das ändert nichts am Plan Gottes. Die Vollendungsarbeit geht weiter, dieses Vertrauen müssen wir haben. Und wenn der liebe Gott nun von uns in Europa verlangt, dass wir künftig hier und da ein wenig weiter fahren, dann müssen wir einfach sagen: Der Gottesdienst und das Heilige Abendmahl sind mir so wichtig, dass ich auch 50 Kilometer fahre, weil ich die Gemeinschaft brauche.
Nun ist es sicherlich so, dass Sie sich als Stammapostel manchmal Sorgen machen. Wer kommt denn dann eigentlich zu Ihnen zu einem Seelsorgebesuch?
(lacht) Also zu Hause wahrscheinlich niemand, aber wenn meine Frau Sorgen hat, wird jemand kommen. Und ich habe da ein ganz einfaches Rezept: Ich spreche mit meinen Brüdern, mit den Bezirksaposteln. Wir tauschen uns aus und ich weiß: Sie beten für mich, sie können mich verstehen und da ist die Stimmung in Ordnung. Das ist mir sehr wichtig. So dann und wann passiert es mir auch, dass ich in der Gemeinde jemanden treffe, und dann sage ich einfach: Du, bete für mich, ich habe es nicht einfach.
Die letzte Frage bezieht sich auf unser Motto: Die Fußspur Jesu. In unserem Leben hinterlässt Jesus Christus seine Fußspur. Gibt es eine ganz besondere Fußspur in Ihrem Leben, die er hinterlassen hat?
So spontan kann ich da jetzt nichts Besonderes beschreiben. Jesus Christus kommt ja nicht als Person. Aber er hat schon Fußspuren hinterlassen durch manche Brüder, die mich in meiner Jugend geprägt haben, auch durch Geschwister aus der Gemeinde.
Wir haben ja alle Vorbilder: Wenn wir an diese Schwester denken, an diesen Bruder, an diesen oder jenen Jugendlichen: Sie haben uns vielleicht tief beeindruckt. Ich sehe darin die Fußspuren von Jesus Christus. Und dann hat jeder mal ein besonderes Erlebnis, wo es einem nicht so gut ging und Gott in irgendeiner Weise geholfen hat. Da spürt man, dass Gott da war. Und im Rückblick weiß man: Er war immer da. Im Nachhinein kann man die Spuren immer sehen.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Das Interview führten zwei Jugendliche am Jugendtag der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen am 14. Mai 2015 in Oberhausen. Es wurde wegen der Länge gekürzt und redaktionell überarbeitet.
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