
Neuapostolische Kirche
Westdeutschland
Dortmund/Bensheim. Im zweiten Teil des Interviews mit Bezirksapostel Rainer Storck und Bezirksapostel i.R. Bernd Koberstein äußern sich die beiden über die Ereignisse rund um die Zusammenführung der Gebietskirchen Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland und Nordrhein-Westfalen, die Vorteile der Fusion sowie die damit verbundenen Herausforderungen.
Sprechen wir über die Zusammenlegung der Gebietskirchen. Was waren die Gründe dafür?
Bezirksapostel i. R. Koberstein: Wir müssen realistisch sehen, wie sich die Dinge entwickeln: In fünf Jahren werden wir in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland vielleicht noch 160 Gemeinden haben. 2019 wird ein weiterer Apostel in den Ruhestand gehen. Da kam unser Stammapostel zu dem Ergebnis: 160 Gemeinden und zwei Apostel, dafür braucht man keine eigenständige Gebietskirche. Das Zusammenlegen der beiden Gebietskirchen bietet die Chance, Kräfte zu bündeln, Synergieeffekte zu erzielen – sowohl verwaltungsmäßig als auch seelsorgerisch –, und irgendwann lag diese Entscheidung auf der Hand. Der Stammapostel hat sich schon schwergetan, diese Entscheidung zu treffen, es war ein langes Ringen und Beten um das Erkennen des göttlichen Willens, aber schließlich waren diese Fakten eben auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung so, dass wir gar nicht anders konnten.
Bezirksapostel Storck: Zusammenlegungen von Gebietskirchen gab es auch schon in den vergangenen Jahren, zum Beispiel mit Nord- und Ostdeutschland. 2012 ist auch für die Niederlande kein eigener Bezirksapostel mehr gesetzt worden. Bezirksapostel Theodor de Bruijn ging in den Ruhestand und seitdem werden die Niederlande von Nordrhein-Westfalen betreut. Gründe sind zum einen die demografische Entwicklung Den anderen Grund sprach der Stammapostel in Dieburg an: Er möchte die Kirche wirklich kollegial und im Team leiten und sagt ganz offen: Das kann man besser mit fünfzehn oder zwölf Bezirksaposteln als mit fünfzig.
In administrativen Dingen ist es wichtig, dass wir Synergieeffekte nutzen. Warum soll man in Frankfurt und Dortmund, die 220 Kilometer auseinander liegen, für jede Sparte einer Verwaltung eine eigene Abteilung haben? Das ist also ein ganz normaler Vorgang vor dem Hintergrund unserer finanziellen Ressourcen. Der andere Punkt: Der Bezirksapostel konnte sich auch in den bisherigen Gebietskirchen Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland oder Nordrhein-Westfalen nicht um jedes Detail in einer Gemeinde kümmern. Wir müssen auch sagen: In der Gemeinde hat der Vorsteher das Sagen, er betreut die Gemeinde, der Bezirksvorsteher betreut den Bezirk. Diese finden dann den ersten Ansprechpartner in ihrem Bischof oder Apostel. Für manche wird es eine Umstellung sein, weil der Bezirksapostel nicht mehr so viele persönliche Kontakte pflegen kann, wie in der Vergangenheit. Umso wichtiger ist es mir, wenn ich irgendwo bin, mit ganzem Herzen da zu sein und mir die nötige Zeit zu nehmen, mit meinen Glaubensgeschwistern zusammen zu sein.
Wann haben Sie davon erfahren, dass die Gebietskirchen fusionieren sollen?
Wir haben vor über zwei Jahren vom Stammapostel den Auftrag bekommen, über Synergieeffekte der Verwaltungen in Dortmund und Frankfurt nachzudenken. Dabei ging es aber allein um eine Zusammenarbeit in administrativen Dingen. Es war damals nicht geplant, dass kein neuer Bezirksapostel mehr gesetzt wird. Im Herbst 2016 zeichnete sich dann ab, dass die Fusion kommen würde. Die Entscheidung haben allein der Stammapostel und Bezirksapostel Koberstein getroffen.
Bezirksapostel i.R. Koberstein: Ja, die Entscheidung fiel bei der Bezirksapostelversammlung in Perth/Australien. Ich hatte nochmals alle Zahlen aufbereitet und mitgenommen in das Gespräch mit dem Stammapostel. Ihm war noch wichtig, dass Gespräche mit den Aposteln geführt würden. Er wollte unbedingt wissen, wie sie dazu stehen und vorher keine Entscheidung treffen.
Was war denn Ihr erster Gedanke, Bezirksapostel Storck, als Sie es erfahren haben?
Ich habe die Sache auf mich zukommen lassen. Der Bezirksapostel war bis zur letzten Sekunde im Amt und traf die Entscheidungen. Von daher habe ich mir auch keine Gedanken gemacht und überlegt: Wie wird das alles werden? Ich bin sehr dankbar, dass mich Bezirksapostel Koberstein einmal nach Frankreich eingeladen hat, dann war ich mit zum Jugendtag in Frankfurt, und wir haben im Januar eine gemeinsame Reise nach Westafrika gemacht. Ich habe nicht vor, das Rad neu zu erfinden. Von daher gehe ich mit einer inneren Ruhe und Gelassenheit an diese Aufgabe, stützte mich auf die Erfahrung der Apostel, und nun müssen wir sehen, wie die Dinge sich entwickeln.
Hätten Sie abgelehnt, wenn beispielsweise Ihre Frau diese Entscheidung nicht mitgetragen hätte?
Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie abgelehnt hätte. Von daher habe ich mir darüber keine Gedanken gemacht. Allerdings ist eine solche Aufgabe nur möglich, wenn Frau und Familie dahinterstehen. Ich bin 200 bis 250 Tage im Jahr unterwegs, oft komme ich nur nach Hause, um die Wäsche zu wechseln, da muss die Frau dahinterstehen. Doch, wie gesagt, die Frage stellte sich nicht. Ich könnte mir aber kaum vorstellen, diese Aufgabe zu erfüllen, wenn meine Gattin nicht dahinterstände.
Der Bezirksapostelwechsel in Dieburg wurde lange vorbereitet. Was war da alles zu tun, wie muss man sich das vorstellen?
Bezirksapostel i.R. Koberstein: Für mich begann es damit, dass ich die noch zu treffenden Entscheidungen schon mit Bezirksapostel Storck abgestimmt habe. Ich wollte ihm nicht etwas „servieren“, zu dem er vielleicht nach einem Jahr sagt: Was habt ihr denn da gemacht? Damit begann für mich auch das innere Zusammenwachsen. Dann war zu schauen: Welche Arbeitsgruppen sind zusammenzuführen, was ist zu harmonisieren, und ich denke, da ist auch immer noch eine Menge Arbeit übrig. Wir haben uns aber bemüht, die Dinge so früh wie möglich anzugehen, um diesen Übergang auch für unsere Geschwister so leicht wie möglich zu gestalten. Das war mir als Seelsorger wichtig.
Bezirksapostel Storck: Uns kommt zugute, dass sich die Apostel und Bischöfe bereits durch die theologischen Seminare kennen, die wir seit Jahren gemeinsam durchführen.
Bezirksapostel Koberstein, welchen Wunsch haben Sie an Ihre bisher anvertrauten Geschwister in Bezug auf die Akzeptanz der Gebietskirchenfusion?
Ich wünsche mir, dass sie durchgängig mit diesem Phänomen genauso umgehen, wie ich es tue. Mein Eindruck war, dass das in der Tat gelungen ist. Ich will ein Beispiel nennen: Als man vor etwa einem Jahr begann, die Vorbereitungen auf den Besuch des Stammapostels in Dieburg zu planen, saß man im Bezirk Darmstadt zusammen und überlegte: Was können wir tun, damit unser Bezirksapostel sich zu Hause fühlt? An diesem Bemühen habe ich gemerkt: Das ist so angekommen, wie es in mir lebte.
Ist eine Zusammenlegung in einem Bereich wie hier in Deutschland schwieriger als es vielleicht in Afrika der Fall wäre?
Bezirksapostel i. R. Koberstein: Ein solcher Vorgang kann für mich als Bezirksapostel schwierig sein, wenn ich mich persönlich für wichtig halte. Das ist für mich ein Schlüssel im Umgang, vor allem in der Kirche. Wenn ich mich richtig einordne, die Prioritäten richtig setze und dann die mir anvertrauten Gotteskinder im Blick habe, kann die Umsetzung einer solchen Entscheidung kein Problem sein. Es mögen sich in Sachfragen Probleme ergeben, in der Zusammenführung mancher Arbeitsgruppen, durch unterschiedliche Arbeitsweisen, aber das lässt sich alles lösen. Dann spielt das auch keine Rolle, ob dies in Deutschland oder in Afrika stattfindet.
In Westdeutschland werden in den nächsten Jahren Apostelbereiche zusammengelegt. Ist der Arbeitsbereich des Apostels dann noch überschaubar, kann er den direkten Kontakt zur Gemeinde halten.
Bezirksapostel Storck: Geografisch werden die Arbeitsbereiche größer, die Anzahl der Gemeinden und der Kirchenmitglieder pro Apostel wird sich jedoch nicht verändern. Eine Herausforderung bei Zusammenlegungen sehe ich eher darin, dass der eine Teil der Geschwister den Apostel seit Längerem kennt und der andere Teil noch gar nicht. Gerade diese Geschwister benötigen dann eine besondere Aufmerksamkeit, bis das wieder ausgeglichen ist.
In Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland wurden auch Ältestenbezirke zusammengelegt. An der Basis werden Fusionen zu immer größeren Einheiten teils skeptisch gesehen. Können Sie das nachvollziehen? Besteht nicht doch die Gefahr, dass alles irgendwann zu groß wird?
In der Regel zählen unsere Bezirke 10 bis 14 Gemeinden. Wenn die Zahl der Gemeinden in einem Bezirk zu klein wird, wenn die Kinder- oder Jugendkreise zu klein werden, dann ist es sinnvoll und richtig, Bezirke zusammenzulegen. Dabei muss natürlich darauf geachtet werden, dass die Entfernungen nicht zu groß werden. Wir kommunizieren zwar per Telefon, E-Mail oder Messenger-Dienste, aber wenn es um Bezirksaktivitäten wie Chorproben, Jugend- oder Kindergottesdienste geht, dürfen die Entfernungen für unsere Geschwister nicht zu groß sein. In den benachbarten Gebietskirchen Nord- und Ostdeutschland und Süddeutschland hat man Erfahrungen mit großen Bezirken gesammelt; dort ist es gelungen, die Herausforderung großer Entfernungen zu bewältigen. Zusammenlegungen dürfen nie dazu führen, dass Geschwister vernachlässigt werden. Die Geschwister können sicher sein, dass wir mit den Bezirksämtern, Aposteln und Bischöfen genau überlegen, bevor wir entscheiden.
Welche Möglichkeit sehen Sie denn jetzt, sich möglichst rasch allen Mitgliedern in Ihrer Gebietskirche und vor allem in den neuen Gebieten im Gottesdienst vorzustellen?
Ich habe mir vorgenommen, in diesem und im nächsten Jahr möglichst alle Gebiete, auch die kleineren, zu bereisen – jeweils mit dem zuständigen Apostel. So kann ich die Geschwister kennenlernen und sie mich. Mir ist es wichtig, dass ich mir ein Bild der Situation vor Ort machen kann. Wenn der Apostel von der Gemeinde, von dem Bezirk spricht, dann möchte ich in mir ein Bild haben: Wie sieht es da aus? Wenn ich einmal dort gewesen bin, kann ich mir ein Urteil bilden und auch Entscheidungen treffen.
Das Interview entstand in Zusammenarbeit mit der Redaktion von "Unsere Familie". Die Veröffentlichung in der Zeitschrift ist für Ausgabe 10/2018 vom 20. Mai 2018 vorgesehen.
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