
Neuapostolische Kirche
Westdeutschland
Westdeutschland/Frankfurt. Gäste aus fünf Konfessionen waren am Ökumenischen Kirchentag der Einladung der Neuapostolischen Kirche zum Gesprächsnachmittag gefolgt. In kurzen Statements und anschließender Diskussion ging es darum, wie praktische Seelsorge aussieht, wie Kirchen in eine säkularisierte Gesellschaft hineinwirken und welche Hoffnungen sie wecken könnten.
„Kommt hin und seht die Vielfalt der Konfessionen und Religionen“ und „Kommt hin und seht auf die, die am Rand sind“, lauteten die Kernaussagen in einem einleitenden Statement von Pfarrerin Dr. Annegreth Schilling, Vorsitzende der ACK Frankfurt und Vertreterin der Evangelischen Kirche.
Sie führte diese Sicht zurück auf ihre pastorale Praxis in einer buntgemischten Gemeinde und auf die täglichen Eindrücke von Menschen, die inmitten der Stadt, aber doch am Rande der Gesellschaft leben. Allerdings genüge Hinsehen allein nicht, es gelte vielmehr, sich einzubringen, sich zu vernetzen und gemeinsam die Sache Christi als wahre Nachfolger zu treiben.
Sophienstraße – der Weg zur Weisheit Gottes
Erzpriester Radu Constantin Miron, griechisch-orthodoxer Geistlicher und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland, bezog sich in seinen Ausführungen auf den Namen Sophienstraße, der Adresse der Neuapostolischen Kirche in Frankfurt-West. Mit Sophia verknüpfe er den Gedanken an eine der ältesten christlichen Kirchen, der Hagia Sophia, die der heiligen Weisheit Gottes gewidmet wurde. „Sind wir nicht als Christen alle unterwegs auf dieser „Sophienstraße“, lautete seine rhetorische Frage.
Er empfinde die Einladung „Kommt und seht“ quasi als eine Kurzfassung einer Charta Oecumenica. „Kommt und seht auf die vielfältigen Ausprägungen der Geschwister in den einzelnen Konfessionen und lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass alle ihren Weg auf der persönlichen „Sophienstraße“ in das himmlische Jerusalem finden“, warb der ACK-Vorsitzende um die Einheit der Christen.
Mit den Augen Gottes sehen und an der Hoffnung festhalten
Die Aufforderung „Kommt und seht“, habe Jesus Christus an die beiden ihm nachfolgenden Johannesjünger auf ihre Frage: „Meister, wo wirst du bleiben?“ gerichtet, so wies Weihbischof Dr. Thomas Löhr auf den Bericht des Johannesevangeliums hin. Jesus habe sie eingeladen, zu sehen wie er sieht, damit sie die anderen auch so sehen könnten.
Alle Christen, alle Kirchen gemeinsam seien gefordert, mit den Augen Gottes auf den Nächsten zu schauen. Da gäbe es dann auch keine konfessionell verschiedene Augen. „Alle gemeinsam haben wir nicht nur ein Glaubensbekenntnis, sondern auch ein Hoffnungsbekenntnis. Und das ist nicht konfessionell.“
Neu hinsehen, was Menschen wollen
„Lasst uns doch in aller Offenheit sichtbar machen, was uns das Christsein bringt“, wollte Dr. Jochen Wagner, Pastor im Bund freier evangelischer Gemeinden als Aufforderung zum Bekenntnis des Christseins verstanden wissen: „Komm, siehe wie ich meinen Glauben lebe, meine Frömmigkeit erlebe und meinen Gottesdienst feiere“.
Weiterhin warb er dafür, dass Kirchen sich gemeinsam vermehrt der Frage stellen sollten, wie sie das Evangelium an das Leben der Menschen im Hier und Heute andocken könnten.
Kommt und seht – eine Aufforderung zum Standortwechsel
Die Aufforderung „Kommt und seht“ löse zunächst eine gewisse Dynamik aus, führte Apostel i.R. Volker Kühnle von der Neuapostolischen Kirche aus. „Kommt“ fordere einen Standortwechsel heraus und begünstige einen Perspektivwechsel.
„Wir sind alle unterwegs“, wandte sich Apostel Kühnle an seine Zuhörer. Auch die Neuapostolische Kirche habe eine sehr spannende und interessante Wegstrecke hinter sich, die ihre Perspektive verändert habe – wohl auch die Perspektive derer, die der Kirche in der Ökumene wohlwollend begegnet seien.
Nicht nur hinsehen, sondern hingehen
In der anschließenden Gesprächsrunde waren sich alle einig, dass aus dem „Kommt und seht“ ein „Geht hin und wirkt“ werden müsse, so wie es der christliche Missionsbefehl fordere. Zudem bestand Übereinkunft darüber, dass die Kirchen ihre Kräfte auch über Konfessionsgrenzen hinaus bündeln müssen, um ihrem Auftrag gerecht zu werden.
Zu den Menschen hinzugehen, bedeute ebenfalls, Antworten zu finden auf ihre Lebensfragen. „Hineinhorchen, hineinsehen in die Lebenswelt der Menschen in dieser Zeit – vor allem auch im Hinblick auf die junge Generation“, formulierte Pfarrer Dr. Wagner seinen Wunsch, um den Gläubigen aus dem Evangelium heraus Hilfen für ein gelingendes Leben zu geben.
Geben Kirchen Antworten auf Fragen der Menschen?
Oft gäben Kirchen Antworten auf Fragen, die die Menschen gar nicht gestellt hätten, deutete eine weitere Aussage von Pfarrer Wagner auf theologische Diskussionen hin, die zwar Kirchenleute interessierten, aber am „Kirchenvolk“ vorbeigingen.
Weihbischof Dr. Löhr ergänzte, dass Kirche sich nicht nur um sich selbst kümmern dürfe, sondern für die Menschen da sei. „Wenn Kirche nur noch den Blick nach innen richtet, auf sich selbst, und dabei die Bedürfnisse der Menschen vergisst und keinen Blick mehr für die anderen hat, hat sie ihren Auftrag verfehlt.“
Maranatha
Bei allem Mühen der Kirche, Antworten auf Lebensfragen der Menschen zu geben, dürfe aber nicht die Kernbotschaft des Evangeliums vergessen werden, nämlich die Verheißung seiner Wiederkunft, mahnte Apostel i.R. Kühnle. Das „Maranatha – Unser Herr komm“ habe in der Neuapostolischen Kirche einen besonderen Stellenwert.
Wohl verstünden die Menschen vielfach nicht mehr den Grund für die Verschiedenheit der Konfessionen, räumte er ein. Umso wichtiger sei die Bitte Jesu an seinen Vater, dass er das Einssein seiner Jünger, seiner Nachfolger fördere.
Er stellte die Frage und formulierte damit eine Aufgabe, wie denn die Kirchen gemeinsam diese zentrale Botschaft des „Maranatha“ vermehrt verkündigen könnten. Die Hoffnung auf dieses grandiose Zukunftsereignis dürfe doch nicht verloren gehen.
Eine Balance zwischen beidem, Antworten auf die Fragen des diesseitigen und des zukünftigen Lebens, sei ein gutes Rezept für kirchliches Wirken, gab Erzpriester Miron zu bedenken.
Gott erfüllt nicht unsere Wünsche, sondern seine Verheißungen
Festzuhalten an dem Bekenntnis der Hoffnung, wie es Paulus in seinem Brief an die Hebräer gefordert hat – so waren sich zum Schluss alle einig – sei ein guter Rat auf einem gemeinsamen Weg.
„Eine Hoffnung nährt sich nicht aus der Zukunft, sondern für die Zukunft“ brachte es Weihbischof Löhr zum Ausdruck. Hoffnung entspringe aus dem Glauben. Das mache zuversichtlich. Und genau darum, weil Gott treu sei, könne man an dem Bekenntnis der Hoffnung festhalten, denn Gott erfülle nicht unsere Wünsche, sondern seine Verheißungen.
Ökumenisches Gespräch gefördert
Auf die abschließende Frage von Bischof Johanning in die Runde, welche Überschrift denn ein Journalist über einen Artikel setzen könnte, der sich mit diesem Gesprächsnachmittag beschäftige, antwortete Weihbischof Löhr: „Neuapostolische Kirche fördert ökumenisches Gespräch zwischen den Konfessionen.“
Gruppenfoto der Teilnehmerin und Teilnehmer an der Gesprächsrunde in der Neuapostolischen Kirche Frankfurt-West
24. Mai 2021
Text:
Günter Lohsträter
Fotos:
Jessica Krämer
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