
Neuapostolische Kirche
Westdeutschland
Westdeutschland/Frankfurt. Am Mittwoch, dem 6. Juli 1960 verstarb Stammapostel Johann Gottfried Bischoff im Alter von fast 90 Jahren. Für viele neuapostolische Christen war dieser Tag ein einschneidendes Geschehen in ihrem Glaubensleben. Ein Rückblick auf das Leben des Kirchenleiters.
Johann Gottfried Bischoff wurde am 2. Januar 1871 in Unter-Mossau im Odenwald geboren. Nach dem Besuch der Volksschule erlernte Johann Gottfried den Beruf des Schumachers und wurde schließlich zum Militärdienst einberufen.
Der Weg in die Neuapostolische Kirche
Während seiner Militärzeit wurde Johann Gottfried Bischoff von Bekannten in die Neuapostolische Kirche eingeladen. Ostern 1897 besuchte er seinen ersten Gottesdienst in der Gemeinde Mainz. Er fühlte sich sofort angesprochen und besuchte fortan regelmäßig die Gottesdienste. Am 20. Juni 1897 empfing er von Apostel Georg Gustav Adolf Ruff das Sakrament der Heiligen Versiegelung. In Bischoffs Familie stieß dieser Schritt auf Unverständnis.
Aufgrund einer Lungenerkrankung erlitt Johann Gottfried Bischoff kurze Zeit später bei einem Truppenmanöver einen Blutsturz, der zu seiner Entlassung aus dem Militärdienst führte. Zwar erhielt er eine kleine Rente, aber die reichte kaum zum Leben. Apostel Ruff bat Kirchenmitglieder aus Mainz, sich des jungen Mannes anzunehmen. Sie richteten ihm einen kleinen Laden ein, der mit der geringen Rente aus dem Militärdienst gerade den Lebensunterhalt ermöglichte.
Die Mainzer Zeit
Am 9. Januar 1898 empfing Johann Gottfried Bischoff durch Apostel Ruff das Diakonenamt. Da es an priesterlichen Ämtern mangelte, musste er schon bald Gottesdienste halten. Am 27. Februar 1898 weihte Apostel Ruff die neue Versammlungsstätte in Mainz ein., In diesem Gottesdienst setzte er Diakon Bischoff ins Priesteramt und beauftragte ihn als Vorsteher der Gemeinde. Fortan bediente Priester Bischoff nicht nur die Gemeinde Mainz, sondern regelmäßig auch die neuapostolischen Christen in Wiesbaden, Frankfurt, Kassel und Eisenach. Bei den Kirchenmitgliedern hinterließ er positive Eindrücke.
Als dann im Jahr 1903 Apostel Ruff schwer erkrankte, setzte der damalige Stammapostel Krebs in einem Gottesdienst in Frankfurt Priester Bischoff in das Bischofsamt. Nachdem Apostel Ruff nahezu dienstunfähig geworden war, gab ihm Stammapostel Niehaus am 8. Oktober 1905 Bischof Bischoff als Apostelhelfer zur Seite.
Am 2. Mai 1906 verstarb Apostel Ruff. Im Beisein mehrerer Apostel hielt Stammapostel Hermann Niehaus am 12. August 1906 in Frankfurt einen Festgottesdienst, in dem er dem Apostelhelfer Bischoff das Apostelamt für die Gemeinden in den Regierungsbezirken Kassel und Wiesbaden und den Ländern Hessen und Württemberg anvertraute. Er übernahm damals 30 Gemeinden mit 2.102 Mitgliedern.
Als erstes besuchte Apostel Bischoff in wochenlangen Reisen alle Gemeinden, um die jeweiligen Verhältnisse kennenzulernen. Er ordinierte neue Amtsträger und wies sie in ihre Aufgaben ein. Überall zeigte sich Wachstum, so dass der Bezirk in kürzester Zeit auf 70 Gemeinden mit etwa 10.000 Mitgliedern wuchs.
Familiengründung
Im September 1907 heiratete Apostel Bischoff die Witwe Margarethe Engel, die aus erster Ehe eine Tochter mitbrachte. Die junge Familie verlegte ihren Wohnsitz nach Frankfurt am Main. Dem Ehepaar wurden drei Söhne geboren, von denen einer nach der Geburt verstarb. Außerdem nahmen sie in den nächsten Jahren noch drei Pflegetöchter bei sich auf, darunter die Mutter des späteren Stammapostels Wilhelm Leber.
Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, wurden viele Amtsträger zum Militärdienst einberufen, so dass sich für die seelsorgerische Betreuung der Gemeinden erhebliche Schwierigkeiten ergaben. 1916 wurde Apostel Bischoff zum Militärdienst in das Heer eingezogen, aus dem er erst mit Erreichen der Altersgrenze 1918 entlassen wurde.
Stammapostelhelfer
Am Ende des Ersten Weltkriegs war Stammapostel Niehaus schon 70 Jahre alt und sorgte sich um einen geeigneten Nachfolger. Der Stammapostel sah in dem Apostel seinen Nachfolger, der das größte Wachstum in seinem Bezirk zu verzeichnen hatte. Überraschend sonderte Stammapostel Niehaus am 10. Oktober 1920 in einem Festgottesdienst in Bielefeld schließlich Apostel Johann Gottfried Bischoff zu seinem Helfer aus. Damit waren die Weichen für die Zukunft gestellt.
Am 14. Dezember 1924 übertrug Stammapostel Niehaus seinem Helfer Bischoff das Stammapostelamt und setzte ihn damit als Nachfolger ein, wenn er selbst dieses Amts nicht mehr ausüben konnte. Am 1. Januar 1926 erhielt der Stammapostelhelfer Bischoff eine weitere Aufgabe, indem ihm die Verantwortung für das Verlagswesen der Neuapostolischen Kirche übertragen wurde. 1928 besuchte er im Auftrag des Stammapostels die Gemeinden in Nordamerika.
Kirchenleitung übernommen
1930 übernahm Johann Gottfried Bischoff die Leitung der Kirche, nachdem sich Stammapostel Niehaus bei einem Unfall verletzt hatte und sich davon nicht mehr erholte.
Als dann die in Berlin versammelten europäischen Apostel unter schriftlicher Zustimmung der überseeischen Apostel seine am 14. Dezember 1924 vorgenommene Aussonderung zum Stammapostel einstimmig anerkannten, erfolgte in einem Festgottesdienst am 21. September 1930 in Berlin seine Einführung als Hauptleiter der Neuapostolischen Kirchen und Gemeinden.
Die Zeit im „Dritten Reich“
Der in Deutschland aufkommende Nationalsozialismus beeinflusste schon bald nach der Übernahme des Stammapostelamtes seine Arbeit. Es gab neue Verwaltungsvorschriften, Vorgaben für die Kirchenzeitschriften und vieles mehr. So musste bei der Zeitschrift „Wächterstimme aus Zion“ der Zusatz „aus Zion“ gestrichen werden.
Es war eine schwierige Zeit für die Kirchenleitung. Dazu trug auch der von 1939 bis 1945 dauernde Zweite Weltkrieg bei. Viele Kirchenmitglieder verloren ihr Leben, andere Hab und Gut. Ostpreußen – ein blühender Apostelbezirk – löste sich durch die Flucht der Kirchenmitglieder aus der angestammten Heimat gänzlich auf.
Auch persönlich blieb der Stammapostel nicht von Leid und Schmerz verschont. 1934 verstarb seine Frau im Alter von erst 59 Jahren. Zudem erkrankte einer seiner Söhne so stark, dass er und die Familie darunter zeitlebens zu leiden hatten.
Die Botschaft
Weihnachten 1951 verkündigte Stammapostel Bischoff, dass Jesus Christus in seiner Lebenszeit wiederkommen werde. Diese unter dem Namen „Botschaft“ bekannte Verkündigung führte letztlich zu einer Spaltung in den Gemeinden. War es anfangs den Gläubigen noch freigestellt, an die Botschaft zu glauben, so nahm sie doch in den folgenden Jahren dogmatische Züge an.
Im Januar 1955 wurden schließlich Bezirksapostels Peter Kuhlen und zwei Apostel aus der Neuapostolischen Kirche ausgeschlossen. Ihnen folgte eine große Anzahl Gläubiger in die später neu gegründete Apostolische Gemeinschaft. Auch in der Schweiz, in den Niederlanden und Südafrika verließen Gläubige die Neuapostolische Kirche.
Tod am 6. Juli 1960
Über 6.000 neuapostolische Christen erlebten in der Essener Grugahalle am Ostersonntag, 17. April 1960, einen Gottesdienst mit Stammapostel Bischoff, der auch per Postkabel auf viele Gemeinden in Nordrhein-Westfalen übertragen wurde. Wohl niemand der Teilnehmer hätte es nach dem kraftvollen Dienen des Stammapostels für möglich gehalten, dass es sein letzter Gottesdienst sein würde. Einen Tag später, am 18. April 1960, erlitt der Stammapostel einen schweren Herzinfarkt, der die Dienstunfähigkeit nach sich zog.
Wenige Wochen später, in den Abendstunden des 6. Juli 1960, starb Johann Gottfried Bischoff. Noch in der Nacht wurden alle Apostel informiert und für den folgenden Tag nach Frankfurt eingeladen. In dieser Zusammenkunft wurde Bezirksapostel Walter Schmidt, Leiter der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen, als Nachfolger bestimmt.
Den Trauergottesdienst für Johann Gottfried Bischoff führte Stammapostel Schmidt am 11. Juli 1960 durch und widmete dabei dem Heimgegangenen das Wort aus Matthäus 16,18: „Auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.“
Rückblick auf die „Botschaft“
Über viele Jahrzehnte führte die Bewertung der Botschaft inner- und außerkirchlich zu Diskussionen. Ab dem Jahr 2000 beschäftigte sich die Kirchenleitung der Neuapostolischen Kirche wieder intensiver mit dem Thema. Insbesondere unter Stammapostel Wilhelm Leber begann ein Annäherungsprozess zur Apostolischen Gemeinde, der nach einigen Hürden im Jahr 2014 in eine Versöhnungserklärung mündete, die gemeinsam unterzeichnet wurde. Diese hatte den Zweck, das Verhältnis zueinander zu „klären und miteinander versöhnt und in gegenseitiger Wertschätzung in die Zukunft“ zu gehen.
In Bezugnahme auf die Botschaft heißt es in der Erklärung unter anderem: „Aus theologischer Sicht muss sich jede Botschaft Gottes grundsätzlich erfüllen. Da sich die Botschaft nicht erfüllt hat – Stammapostel Bischoff starb 1960 – lässt sich die Bewertung ableiten, dass sie keine göttliche Offenbarung war. Sie hätte in dieser Form keinen Einzug in die Lehre und Verkündigung finden dürfen.“
Auch das Nachrichtenmagazin NAC.today berichtet anlässlich des Todestags über Stammapostel Bischoff.
Stammapostel Johann Gottfried Bischoff
6. Juli 2020
Text:
Alfred Krempf,
Frank Schuldt
Fotos:
Bildarchiv
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